«Die jungen Männer sind offener für unser Anliegen, als die älteren.» Das sagt Adrian Wüthrich, Präsident des Arbeitnehmenden-Dachverbands Travailsuisse und Präsident des Vereins «Vaterschaftsinitiative jetzt!». Travailsuisse – zusammen mit über einhundert weiteren Organisationen – sammelt derzeit Unterschriften für einen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub in der Schweiz.
20 Tage – flexibel beziehbar
Die Initianten wollen einen Vaterschaftsurlaub von 20 Tagen, respektive vier Wochen. Der Vaterschaftsurlaub müsste nicht an einem Stück bezogen werden, sondern könnte auf mehrere Wochen verteilt werden. Innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes.
Finanziert würde dieser über Lohnbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Initianten rechnen mit Kosten von schätzungsweise 380 Millionen Franken jährlich.
Adrian Wüthrich sagt gegenüber «10vor10», in der Schweiz seien Vaterschaftsurlaube in vielen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) bereits geregelt. Doch nur rund die Hälfte der Arbeitnehmenden profitierte von einem GAV. Daher sei es an der Zeit, den Vaterschaftsurlab gesetzlich zu verankern.
Schweiz ist Entwicklungsland
In den letzten Jahren gab es immer wieder politische Vorstösse, die einen Vaterschaftsurlaub forderten. Doch politisches Gehör fanden sie nicht. So sagt auch die Zürcher FDP-Nationalrätin Regine Sauter, es brauche keinen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub. Familie sei Privatsache. «Wir können nicht allen Unternehmen, insbesondere den kleinen, einen teuren Vaterschaftsurlaub aufs Auge drücken, den sie sich nicht leisten können.»
Die Schweiz hinkt im internationalen Vergleich hinter her. Die Länder der OECD-Staaten haben im Schnitt acht Wochen Vaterschaftsurlaub. Nachbar Frankreich 28 Wochen, in Deutschland sind es 9. Die Schweiz liegt mit null gesetzlich geregelten Tagen gleich auf wie die Türkei.
Konservatives Rollenbild
Die Schweiz sei konservativ, das traditionelle Rollenbild von Mann und Frau noch stark verankert. Gesellschaftlich sei jedoch ein Wandel in Gang, sagt Historikerin und Geschlechterforscherin Fabienne Amlinger vom Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Bern. Die öffentliche Hand stelle Väter etwa grundsätzlich besser als private Unternehmen. Dies zeige, dass in diesem Bereich ein Bedürfnis nach einem Vaterschaftsurlab bestehe und ein Umdenken im Gang sei.
Die eidgenössische Initiative für einen Vaterschaftsurlaub wurde im Mai des laufenden Jahres lanciert. Rund 30‘000 Unterschriften wurden bisher gesammelt.