Sind Fahrer des Taxi-Dienstes Uber Freischaffende oder Angestellte von Uber? Das ist die entscheidende Frage für das Uber-Geschäftsmodell – in der Schweiz und weltweit.
Uber stellt sich auf den Standpunkt, das Unternehmen biete lediglich eine Vermittlungsplattform an, eigentlich nur eine App, wo sich Fahrer und Kunde träfen. Integraler Bestandteil dieses Geschäftsmodells: Uber stellt keine Fahrer an. Die Kosten für die Unfall- und alle Sozialversicherungen tragen die gemäss Uber selbstständigen Fahrer. Uber legt die Preise fest und kassiert zwischen 25 und 30 Prozent von deren Einnahmen.
Suva legt sich mit Uber an
Doch nun legt sich die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) mit dem Tech-Giganten aus dem Silicon Valley an. Die Suva entscheidet für die Sozialversicherungen, wer im Transportgewerbe als angestellt gilt und wer als selbstständig.
«Rundschau»-Recherchen zeigen: Fahrer, die bei der Uber-App angeschlossen sind, anerkennt die Suva nicht als Selbstständigerwerbende. Die Suva stuft Fahrer als Angestellte von Uber ein.
Der Entscheid, welcher der «Rundschau» vorliegt, sagt klar: «Sie erfüllen die Voraussetzungen für eine selbstständige Erwerbstätigkeit nicht.» Damit wäre das Uber-Geschäftsmodell in der Schweiz wohl verunmöglicht.
Denn die Suva stellt fest, dass Taxifahrer, die an eine Zentrale angeschlossen sind, «grundsätzlich als unselbstständig Erwerbende» gelten – also Angestellte sind. Zudem trage der Uber-Fahrer «kein Unternehmerrisiko» und sei «arbeitsorganisatorisch von der Zentrale abhängig.»
Die Begründung zeigt: Die Suva stuft Uber als Taxizentrale ein. Ob die Vermittlung von Fahrer und Fahrgast über eine herkömmliche Telefonzentrale oder über eine App geschieht, scheint keine Rolle zu spielen. So wird ein zentrales Argument von Uber – wir sind nur eine App – vom Tisch gewischt. Die Suva teilt auf Anfrage mit, sie kommentiere keine laufenden Verfahren.
«Harter Schlag für Uber»
Der Entscheid habe Signalwirkung, sagt Thomas Geiser, Professor für Arbeitsrecht an der Universität St. Gallen: «Das heisst, dass jeder andere Fall eines Uber-Fahrers genau gleich behandelt würde.» Und das sei «ein harter Schlag für das Geschäftsmodell von Uber», so Geiser. «Das bedeutet, dass es so nicht funktioniert. Uber muss – wie jeder andere Arbeitgeber auch – seinen Verpflichtungen nachkommen und Sozialversicherungen zahlen.»
Pikant: Suva-Entscheide gelten in der Regel auch für die AHV. Eine Anfrage bei der Sozialversicherungsanstalt Zürich (SVA) zeigt denn auch: Nach der Suva wird nun die AHV ebenfalls aktiv.
Uber will nicht zahlen
«Wir haben von der Suva, rückwirkend für das Jahr 2015, bis heute 60 Ablehnungen für das Taxigewerbe erhalten», sagt Pressesprecherin Daniela Aloisi. «Die Hälfte dieser Ablehnungen betrifft Taxifahrer, die ihre Aufträge über eine technologische Plattform zugewiesen bekommen.» Die SVA habe für Fahrer dieser «technologischen Plattform» bereits eine Lohndeklaration eingefordert. Doch die Zustellung dieser sei ausgeblieben. Deshalb habe die SVA nun verfügt – das heisst: Rechnung gestellt, und zwar «auf Basis branchenüblicher Löhne».
Uber-Chef Rasoul Jalali stellt sich in der «Rundschau» auf den Standpunkt, Uber sei kein Arbeitgeber. «Dementsprechend kann man diese Zahlungen auch nicht machen», sagt Jalali. Nun bleiben noch zwei Wege: Entweder, Uber zahlt – oder das Unternehmen beschreitet den Rechtsweg.