Die Volksinitiative ist eigentlich kein Instrument für Parteien, sagt Lukas Golder, Politologe von Gfs Bern: «Die Initiative war dazu gedacht, ein neues Thema, das quer zur Elite steht, ins politische System einzuspielen».
Doch während der letzten Jahren entdeckten Parteien das Werkzeug für sich. Vor allem der SVP gelang es, verschiedene ihrer Anliegen so einzubringen und ihre Rolle als Oppositionspartei erfolgreich umzusetzen.
Weniger Initiativen in der Pipeline
Nun scheint aber ein Umdenken stattzufinden. Ein Indiz dafür: 2012 waren noch 51 Initiativen hängig oder in der Sammelphase. Heute sind es noch 23.
Und davon sind wiederum gerade einmal sechs von Parteien initiiert worden. Vier von den Grünen, eine von der SVP und eine von der SP.
Von einer «Ernüchterung bei den Mitteparteien» spricht Iwan Rickenbacher, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Bern. Sie hätten feststellen müssen, dass Initiativen einen sehr grossen Aufwand mit sich bringen und sich für sie als wenig gewinnbringend herausgestellt haben.
Die CVP verlor ihre beiden Familien-Initiativen, die FDP scheiterte bereits an der Unterschriftensammlung und die GLP erlitt mit ihrer Energiesteuer einen Rekord-Schiffbruch. Sie wurde mit 92 Prozent Stimmenanteil abgelehnt.
Initiativen von links und rechts
Während die CVP und die FDP in sämtlichen Regierungen gut vertreten ist, sind es die Polparteien die eher eine Oppositionspolitik betreiben. Dass die Linke Initiative nach Initiative verliert, sei ein «bekanntes Muster», sagt Lukas Golder von Gfs Bern. Ihr sei es nur selten gelungen, Koalitionen über das eigene Lager zu schmieden. So zum Beispiel bei der Zweitwohnungsinitiative.
Neu sei, dass nun auch die SVP eine Niederlage einstecken musste. Ihre Durchsetzungsinitiative wurde, wenn auch knapp, abgelehnt. Sie habe eine breite Gegnerschaft mobilisiert.
Man hat gemerkt, dass die Initiative als Wahlkampf-Vehikel auch ein Bumerang sein kann.
Seit letztem Dezember hat die SVP ausserdem einen zweiten Bundesrat. Iwan Rickenbacher prognostiziert deshalb, dass die Flügelkämpfe innerhalb der Partei noch stärker werden: «Auf der einen Seite Kräfte wie Christoph Blocher, die weiterhin einen Oppositionskurs fahren möchten und den Initiativweg weiter propagieren; auf der anderen Seite jene, die Regierungsverantwortung mittragen möchten.»
Wer sich am Ende durchsetze, sei auch davon abhängig, wie erfolgreich die SVP ihre Politik in der Regierung einbringen könne. Initiativen seien aber auch einer saisonalen Schwankung unterlegen. Ob sie definitiv ausgedient haben, zeigt sich also erst in drei Jahren. Dann nämlich, wenn der nächste Wahlkampf ansteht.