24 sind es an der Zahl. 24 Kantonalbanken, die ursprünglich geschaffen wurden, um die Volkswirtschaft im eigenen Kanton zu stärken. Mit Krediten, Hypotheken, Sparkonti.
«Doch bei vielen Kantonalbanken hört das Geschäft längst nicht mehr an der Kantonsgrenze auf», sagt Hanspeter Hess. Er ist Direktor des Verbands der Schweizerischen Kantonalbanken: «Eine Kantonalbank ist grundsätzlich im Rahmen der Bestimmungen – die für sie im Kanton gilt – markttätig, wie jede andere Bank auch.» So sei es naheliegend, dass die Banken auch Gelder von ausländischen Kunden verwalten.
Doppelbürger und ausländische Angestellte
Hess denkt dabei zum Beispiel an Doppelbürger, oder an ausländische Angestellte von Grosskonzernen, die es in Städten wie Zürich, Basel oder auch Genf zu Hauf gibt. «Wenn die Vorstellung wäre, dass die Kantonalbanken ganz sicher keine US-Kunden haben, dann wird man sich wohl mit der Realität abfinden müssen, dass das eben doch ein ganz kleiner Teil der Geschäftstätigkeit der Kantonalbank sein dürfte.»
Auch die Chefs der Zürcher und der Basler Kantonalbank werden nicht müde zu betonen: Geld von US-Amerikanern zu verwalten habe nie zum Kerngeschäft gehört. Höchstens 1 bis 1,5 Prozent der Gelder, die sie für Kunden verwalten, hätten US-Amerikanern gehört, rechnen sie vor.
Nach 2009 noch Schwarzgeld übernommen?
Das ist zwar wenig. Aber offenbar genug, um Ärger mit der US-Justiz zu bekommen. Denn: Die Amerikaner wollen vor allem wissen, wie lange die Banken noch US-Kunden übernommen haben. Ob sie auch nach 2009 noch Schwarzgeld von der UBS übernommen haben. Falls ja, droht den Banken eine saftige Busse.
So oder so stellt sich die Frage, wer bei der Zürcher und der Basler Kantonalbank die Risiken des US-Geschäfts derart unterschätzt hat. Hier die Schuld einfach dem Bankrat in die Schuhe zu schieben, der für die Strategie einer Kantonalbank verantwortlich ist, greife zu kurz.
Das sagt Susan Emmenegger, Professorin für Bankenrecht an der Universität Bern und verweist auf das Beispiel der ZKB. Dass die ZKB US-Kunden hatte, hänge mit der allgemeinen Expansion der Geschäftstätigkeit der ZKB zusammen: «Der Bankrat hat wahrscheinlich nicht geschlafen, sondern diese Entwicklung aktiv unterstützt.»
Aber nicht nur der Bankrat müsse man sagen, sondern es gebe eine kantonsrätliche Kommission, die das überwache und die habe diese Expansion offensichtlich nicht verhindert. Und zusätzlich gibt es den Kantonsrat, der jährlich den Geschäftsbericht genehmigt.
Expansion ist ein politischer Entscheid
Deshalb ist für Emmenegger klar: Die Expansion der ZKB hin zur drittgrössten Bank der Schweiz war ein politischer Entscheid. Schliesslich gehe es hier auch um Steuersubstrat: Eine erfolgreiche, grosse Kantonalbank werfe mehr ab als eine kleine.
Was die Risiken dieses Entscheids betrifft, nimmt die Bankenrechts-Professorin die Aufsichtsgremien allerdings in Schutz: «Wenn es stimmt, dass US-Kundenvermögen ein Prozent des verwalteten Vermögens ausmachen, dann waren für den Bankrat keine besonderen Risiken ersichtlich – jedenfalls nicht anhand der Berichte, die von der Geschäftsleitung nach oben kommen.» Sie warnt davor, mit dem Wissen von heute zu urteilen.
Kleine oder grosse Bank?
Was die zu erwartenden Bussen im amerikanischen Steuerstreit betrifft, so geht der Verband der Kantonalbanken davon aus, dass alle die Bussen dieses Mal aus der eigenen Tasche bezahlen können.
Susan Emmenegger rät den Kantonen aber trotzdem, die Frage der Staatsgarantie neu zu klären. Es gehe darum, einen Grundsatzentscheid zu fällen: «Geht man den Weg einer kleineren Bank mit Staatsgarantie, die sich ganz eng an diesen Leistungsauftrag hält? Oder geht man den Weg einer grösseren Bank, einer Bank, die mehr Steuereinnahmen für den Kanton generiert? Dann muss man sich ernsthaft überlegen, ob die Staatsgarantie noch eine angemessene Unterstützungsleistung bieten soll.» Im Kanton Zürich nutzen einige Politikerinnen und Politiker die Gunst der Stunde, um genau diese Diskussion neu zu lancieren.
(basn;galc)