Mit der Unterzeichnung des so genannten Kroatien-Protokolls demonstriert der Bundesrat den guten Willen gegenüber der EU. Es geht um nichts weniger als die weitere Teilnahme am für die Schweiz immens wichtigen Forschungsabkommen Horizon 2020.
Denn der Schweiz droht der Ausschluss, falls sie das bilaterale Freizügigkeitsabkommen nicht bis zum 9. Februar 2017 ratifiziert hat. Es musste also alles sehr schnell gehen, damit das Schweizer Parlament das Protokoll bald ratifizieren kann.
Das Kroatien-Protokoll war 2014 mit Horizon 2020 verknüpft worden. Als provisorische Lösung handelte der Bundesrat damals einen teilweisen Anschluss aus. Die volle Assoziierung gibt es aber nur bei einer Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf das jüngste EU-Mitglied Kroatien. Andernfalls fliegt die Schweiz definitiv aus der europäischen Forschungszusammenarbeit.
Umsetzung der MEI mittels Schutzklausel?
Nach der Annäherung in Bezug auf Kroatien wird der Bundesrat am Nachmittag voraussichtlich darlegen, wie er das Freizügigkeitsabkommen mit der EU und die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative unter einen Hut bringen will.
Die Initiative verlangt, dass Inländer bei der Stellenbesetzung Vorrang haben und dass die Schweiz die Zuwanderung mit Kontingenten steuert. Beides verträgt sich nicht mit der Personenfreizügigkeit. Dieses Abkommen, das Teil der Bilateralen I ist, will der Bundesrat aber nicht aufs Spiel setzen. Der wirtschaftliche und politische Schaden für die Schweiz wäre seiner Meinung nach zu gross.
Ich gehe eher nicht davon aus, dass Brüssel mit neuen konkreten Gegenmassnahmen auf die Pläne für eine einseitige Schutzklausel reagiert.
Im vergangenen Dezember kündigte die Landesregierung eine einseitige Schutzklausel an, falls mit der EU keine Einigung erzielt werden kann. Mit dieser Klausel liesse sich die Zuwanderung unter bestimmten Umständen einschränken. Einzelheiten zu diesem Plan B dürften am Nachmittag an einer Pressekonferenz öffentlich gemacht werden.
Laut SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck ist dazu «eine kritische Reaktion aus Brüssel» zu erwarten. Dass die EU aber mit konkreten Gegenmassnahmen auf die Ankündigung einer einseitigen Schutzklausel reagiert, sei unwahrscheinlich: «Auch die EU-Staaten sind daran interessiert, bis Anfang nächsten Jahres eine einvernehmliche Lösung zu finden.»