Die revidierte Lärmschutzverordnung (LSV), die ab dem 1. April in Kraft tritt, sieht vor, dass Anwohner vor übermässigem Strassenlärm geschützt werden müssen. Für die Umsetzung von entsprechenden Lärmschutzmassnahmen hatten Kantone und Gemeinden eigentlich 30 Jahre Zeit gehabt.
Trotzdem sind laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) schweizweit immer noch unzählige Anwohner in der Nähe von einigen tausend Strassenkilometern ungenügend vor Lärm geschützt. Gemäss der Lärmliga Schweiz liegen die Lärmbelastungen vor allem nachts vielerorts über den Grenzwerten von 55 bzw. 50 Dezibel.
Klage-Pool für Lärmopfer
Die Verzögerung könnte Bund, Kantone und Gemeinden aber teuer zu stehen kommen. Laut Schätzungen des Bafu könnten Hauseigentümer Entschädigungen von 19 Milliarden Franken einfordern. Sie können dabei auf die Unterstützung der Lärmliga Schweiz zählen, die einen Klage-Pool eingerichtet hat.
«Gemeinden und Kantone haben die letzten 30 Jahre geschlafen. Deshalb geben wir den Leuten, die sich wehren wollen, eine Chance, bei uns mitzumachen, um ihre Rechte wahren zu können», erklärt Präsident Peter Ettler gegenüber «10vor10». Sowohl die Mieter, die an einer Strasse wohnen, wo die Lärmimmissions-Grenzen überschritten werden, als auch Eigentümer, können sich dem Klage-Pool der anschliessen.
Die Lärmliga Schweiz hofft, mindestens 300 Personen finden zu können, die auch über den 31. März hinaus mit übermässigem Strassenlärm leben müssen. Der Verein, der in der Schweiz seit 1956 gegen Lärm kämpft, möchte drei Fälle in einem Musterprozess bis vor das Bundesgericht ziehen. Denn es gibt in der Schweiz noch überhaupt keine Rechtsprechung zu einem solchen Fall.
Entsprechend schwierig ist es für Lärmliga-Präsident Ettler, die Chancen einer solchen Klage einzuschätzen: «Da es kein Präjudiz gibt, kann ich nur von einer Chance 50:50 sprechen. Ich kann also nichts versprechen, denke aber als früherer Anwalt, dass es gelingen wird.»