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Ein Grenzwächter untersucht einen Flüchtling.
Legende: Im Jahresbericht von Amnesty International geht es auch um die Schweizer Asylpraxis. Keystone / Archiv

Amnesty International Schweizer Asylpraxis in der Kritik

  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat ihren Jahresbericht 2016 vorgelegt. Darin hält sie fest, dass sich die Menschenrechtslage weltweit verschlechtert hat.
  • In dem Bericht kritisiert wird auch die Schweiz. Insbesondere für den Umgang der Behörden mit den Asylsuchenden an der Südgrenze, der gegen Schweizer Recht verstosse.
  • Konkret wirft Amnesty dem Grenzwachtkorps vor, zahlreiche Asylsuchende daran gehindert zu haben, in der Schweiz ein Gesuch zu stellen.
  • Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wollte aktuell keine Stellung nehmen zu den Vorwürfen.

Wegen Teilen ihrer Asylpolitik findet auch die Schweiz Eingang in den Bericht. Die Organisation bekräftigt darin ihre Kritik am Umgang der Schweiz mit Asylsuchenden an der Grenze zu Italien.

SEM will sich nicht äussern

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Das SEM weist darauf hin, dass die Vorwürfe im Jahresbericht von Amnesty International nicht neu seien. Man habe dazu bereits früher ausführlich Stellung genommen, sagte ein Mediensprecher auf Anfrage von SRF News.

Schweizer Recht verletzt

Im vergangenen Jahr seien mehrere tausend Menschen nach Italien zurückgeschickt worden, ohne dass sie in der Schweiz hätten Asyl stellen können. Darunter seien auch hunderte unbegleitete Minderjährige gewesen, die zu Familienmitgliedern in der Schweiz gewollt hätten.

«Indem dieses Recht verwehrt wird, wird Schweizer Recht verletzt», schreibt Amnesty. Ausserdem habe es Verständigungsschwierigkeiten zwischen Grenzwächtern und Asylsuchenden gegeben, weil es an Übersetzern gefehlt habe.

«Die Art und Weise, in welcher die Schweizer Behörden ihre Grenzkontrollen durchführen, kann Personen davon abschrecken, in die Schweiz zu gelangen», fasst Denise Graf, Asylkoordinatorin der Schweizer Amnesty-Sektion, Amnesty-Recherchen zusammen.

Kaum Einzelfall-Abklärungen

Tausende Flüchtlinge seien mittels «vereinfachten» Grenzverfahren nach Italien zurückgeschickt worden. Dieses Vorgehen entspricht für Amnesty einer Zwangsabschiebung (push-back) von Asylsuchenden nach Italien.

Im Gespräch mit Abgewiesenen in Como habe man festgestellt, dass kaum Einzelfall-Abklärungen hinsichtlich der Gefahren einer in Italien verfügten Abschiebung in das jeweilige Herkunftsland stattgefunden hätten, so Amnesty. Ein Mangel an Übersetzern habe zudem zu Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Grenzwächtern und den aufgefangenen Personen geführt.

Positiv: Kostenlose Rechtsberatung für Asylsuchende

Im vergangenen Spätsommer hatte das Grenzwachtkorps damit begonnen, im Tessin ankommende Asylsuchende abzuweisen, bei denen es vermutete, sie wollten lediglich durch die Schweiz in Richtung Norden reisen. In Como bildete sich sodann ein Auffanglager, das auf harsche Kritik von Nichtregierungsorganisationen traf.

Positiv erwähnt Amnesty im Bericht, dass Asylsuchende mit dem revidierten Asylgesetz kostenlose Rechtsberatung erhalten werden und dass die Behörden den Bedürfnissen besonders schutzbedürftiger Asylsuchender Rechnung tragen müssen. Negativ sieht Amnesty dagegen wiederum die mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz ausgebauten Überwachungsmöglichkeiten.

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