Flott wirbt eine Biene für die Frühlings-Kollektion des Möbelherstellers Ikea. Und die Biene ist zu sehen in einem Werbeclip vor einem Video von Neonazis, die «Sieg Heil» rufen.
Für den Sprecher von Ikea-Schweiz, Alexander Gligorijevic, ist das inakzeptabel: «Das entspricht unseren Werten ganz und gar nicht. Das ist keine akzeptable Lösung von Werbeeinblendungen.»
Auch Schweizer Unternehmen betroffen
Die Recherchen von «10vor10» zeigen: Auch weitere bekannte, grosse Schweizer Unternehmen, die auf Youtube Werbung schalten, tauchen vor heiklen Videos auf. Vor oder während Neonazi-Videos tauchen Werbungen von Swisscom, Post, Micasa, Ikea Schweiz und weiteren auf. Auch in einem Video, in dem sich der deutsche Salafist Pierre Vogel negativ über Homosexualität äussert, landen zahlreiche Schweizer Firmen.
Beat Muttenzer hat sich mit seiner Agentur Yourposition auf Youtube-Werbung spezialisiert. In der Schweiz sei noch zu wenig Bewusstsein für die Gefahren da, die der Wandel zu personalisierter Werbung mit sich bringe. «Früher hat man Werbung so gebucht, dass man fixe Platzierungen auf einem Internet-Portal ausgesucht hat. Heute folgt die Werbung dem User durch das Internet »
Verschwörungstheoretiker verdienen gutes Geld
Auf Youtube tummeln sich nicht nur Neo-Nazis, sondern auch Talkmaster mit haarsträubenden Verschwörungstheorien: Etwa der Amerikaner Alex Jones. Von ihm stammt die Aussage: «Jedes Mal, wenn ich Michelle Obama anschaue – oder eher: Michael Obama – die First Lady oder eher die erste Transe – stimmt etwas einfach nicht.» Michelle Obama sei ein Mann, behauptet Jones. Solche Behauptungen und Verschwörungstheorien finden sich auf Youtube zuhauf. Und in diesem Umfeld tauchen auch Emmi, Post, Ikea, Swisscom und Coop auf.
Pikant: Betreiber von Kanälen auf Youtube verdienen an dieser Werbung mit. Zwischen 55 und 70 Prozent der Einnahmen gingen an den jeweiligen Kanal-Betreiber, sagt Beat Muttenzer von der Online-Werbeagentur «Yourposition»: «So werden auch Inhalte finanziert, die wir als fragwürdig empfinden oder die nicht unseren Wertvorstellungen entsprechen.»
Nur moderate Reaktionen in der Schweiz
Neben Ikea nimmt nur Swisscom gegenüber «10vor10» Stellung, man werde die betreffenden Kanäle sofort ausschliessen. Auch die anderen betroffenen Unternehmen teilen schriftlich mit, Werbung in fragwürdigem Umfeld sei keineswegs gewollt.
In Grossbritannien reagieren Unternehmen deutlich schärfer: Laut der Zeitung «The Times» haben über 250 Unternehmen Werbe-Deals mit Google gestoppt. Darunter Volkswagen, Toyota und Heinz aber auch die britische Regierung. «The Times» hatte zuvor aufgezeigt, dass Anzeigen in Videos von Hasspredigern und Extremisten erschienen waren.
Google gelobt Besserung
Google gelobt nun weltweit Besserung. Auch auf Anfrage von «10vor10» zur Werbung von Schweizer Firmen schreibt Google: «Wir haben eine umfassende Überprüfung unserer Richtlinien und Tools für Werbung durchgeführt.» Und: Man verpflichte sich dazu, «Änderungen einzuführen, die den Marken mehr Kontrolle darüber geben, wo ihre Anzeigen erscheinen.»