In Kuwait und Katar sind Freiheits- und Menschenrechte wenig Wert: Regierungskritikern etwa drohen Gefängnisstrafen.
Dennoch erhielten die beiden Golfstaaten letztes Jahr Schweizer Exportbewilligungen für Überwachungs-Technologie. Konkret ging es um IMSI-Catcher: Diese Geräte können Handys in ihrer Umgebung orten und identifizieren. Zudem lassen sich Handy-Gespräche und -Nachrichten stören oder manipulieren.
Kuwait gibt Garantien ab
Im August 2015 erhielt Kuwait eine Schweizer Exportbewilligung für IMSI-Catcher im Wert von rund 3,5 Millionen Franken. Den Entscheid trafen Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco, des Aussendepartements EDA und des Verteidigungsdepartements VBS.
Die Schweiz habe sich abgesichert, sagt Jürgen Böhler, Leiter Exportkontrolle beim Seco: Eine hochrangige kuwaitische Regierungsstelle habe zusätzlich zur bei solchen Geschäften üblichen «Endverwendungs-Erklärung» Garantien abgegeben. Kuwait werde die Überwachungsgeräte nur für den Kampf gegen Terroristen und Kriminelle verwenden, sagt Böhler: «Wir haben explizit eine Erklärung, dass diese Güter nicht gegen die Zivilbevölkerung Kuwaits eingesetzt werden.»
Doch was, wenn sich der Golfstaat nicht an die Abmachung hält? Und was, wenn Kuwait zum Beispiel auch die Überwachung von Oppositionellen als «Terror-Abwehr» interpretiert? «Hier stützen wir uns auf die Erklärung der kuwaitischen Regierung sowie auf die Einschätzung der Experten des Bundes und der Schweizer Botschaft in Kuwait», sagt Böhler. Die Botschaft habe die kuwaitische Erklärung als plausibel bewertet.
«Minimes Risiko»
Ähnlich verlief ein Geschäft mit Katar: Im Juni 2015 erteilte der Bund auch hier eine Exportbewilligung für IMSI-Catcher. Es geht um Geräte im Wert von einer halben Million Franken.
Laut Seco hat das katarische Militär der Schweiz in der Endverwendungs-Erklärung zugesichert, dass die Überwachungs-Technologie nicht für die Unterdrückung der Bevölkerung verwendet werde. «Das Risiko wurde als minim bewertet», sagt Jürgen Böhler.
Grosser Ermessensspielraum
Kuwait und Katar sind nicht die einzigen Staaten, die im letzten Jahr Exportbewilligungen erhielten für Schweizer Überwachungs-Technologie: Der philippinische Katastrophenschutz etwa kaufte IMSI-Catcher für rund 1,7 Millionen Franken. Pakistan erhielt eine Bewilligung für den Kauf von Schweizer Technologie, die den Handyverkehr in einem bestimmten Umkreis stört.
Lediglich bei zwei Staaten machten die Bundesbehörden von den neuen Verbots-Möglichkeiten Gebrauch – sie lehnten Exportgesuche von Bangladesch und Vietnam ab. Die Verbots-Möglichkeit hatte der Bundesrat im Mai 2015 per Verordnung geregelt.
Die Hürde für ein Verbot liegt ziemlich hoch. Wenn ein Bestimmungsland generell eine repressive Politik betreibe, reiche das noch nicht für ein Exportverbot, sagt Jürgen Böhler vom Seco: «Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die auszuführende Technologie spezifisch für repressive Zwecke eingesetzt wird.»
Politik wird entscheiden
Die Verordnung habe Folgen, sagt Böhler. Die Zahl der Exportgesuche sei zurückgegangen, manche Anbieter hätten die Schweiz verlassen. Inzwischen würden nur noch Gesuche eingehen, die eine reelle Chance hätten.
Die Exportbeschränkung übrigens ist nicht in Stein gemeisselt: Der Bundesrat hat sie auf vier Jahre beschränkt. Das Parlament wird bis 2019 zu entscheiden haben, ob es die Regelung beibehalten, lockern oder aber verschärfen will.