Als die App vor einem Monat lanciert wurde, war der Leiter digitale Transformation beim BAG, Sang-Il Kim, voller Zuversicht. Das hat sich nicht geändert, denn bei 10 bis 12 Prozent der schweizweit gemeldeten Corona-Fälle sei die App unterdessen involviert, wie er sagt. Das ist erfreulich.
Allerdings: Seitdem hat es auch viele Fehlermeldungen gegeben. Das gibt auch der Mitentwickler der App, Informatiker Mathias Wellig, zu. Es sei natürlich schade, dass man so an den Start ging.
Andererseits dürfe man nicht vergessen, wie schnell sie selbst, aber auch Apple und Google die App aufgleisen mussten. «Das Schöne ist, dass mit den neusten Updates diese Fehlermeldungen nicht mehr erscheinen, wir konnten das beheben.»
Trotzdem: Die Zahl der aktiven Nutzerinnen und Nutzer hat nach einem ersten Peak bei gut einer Million stagniert – jüngst ging sie gar zurück auf 920'000.
Dies habe aber mit Ungenauigkeiten der bisherigen Messmethode zu tun, so Sang-Il Kim vom BAG. Diese habe die Apps nicht erwischt, die zeitweise ausgeschaltet wurden. Nun habe man eine neue Messmethode: «Mit ihr wird das ausnivelliert, und daher werden wir diese rückläufigen Zahlen so nicht mehr sehen», so Sang-Il Kim.
Lassen sich die Leute mit Zahlen überzeugen?
Aktuell werden mit der neuen Messmethode 1.2 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer ausgewiesen. Beim BAG hofft man, dass diese Zahl in einem bis in eineinhalb Monaten bei 3 Millionen liegt.
Dafür müsste man jedoch noch deutlich mehr Menschen motivieren, die App herunterzuladen und zu nutzen. Eine repräsentative Befragung im Auftrag von Comparis Schweiz Ende Juni zeigte, dass die grössten Hindernisse dafür Zweifel an der Wirksamkeit der App sowie Datenschutz-Bedenken sind.
Sang-Il Kim vom BAG will die Menschen mit Zahlen überzeugen. Sein grösster Wunsch sei, mehr konkrete Infektionsherde durch die App zu finden und das auch entsprechend quantifizieren und ausweisen zu können. «Ich glaube, das wäre der grösste Push für die Bevölkerung. Wenn wir zeigen können: Die App bringt was, sie hat einen konkreten Nutzen und sie hilft, das Virus besser einzudämmen.»
Wirtschaftsprofessor Marius Brülhart empfiehlt hingegen, noch weiterzugehen. Als Mitautor der Empfehlungen der Covid-19-Task Force des Bundes, erklärt er gegenüber SRF, dass man die Menschen persönlicher abholen müsse. Die Kommunikation ziele derzeit sehr stark darauf ab, dass man Infektionsketten stoppen oder verlangsamen könne.
«Das ist etwas abstrakt», so Brülhart. «Es appelliert an den Altruismus. Man müsste aber vielleicht den Menschen noch besser erklären können, was für sie auch persönlich drin liegt, wenn sie diese App benutzen.» Wie etwa, dass sie so ihre Nächsten schützen oder rechtzeitig Reisen absagen könnten, um nicht dort in Quarantäne festzusitzen. Tatsächlich verlässt sich der Bund in diversen Werbespots eher darauf, den Nutzen für die Gesellschaft zu zeigen – und nicht für das Individuum selbst.
Man müsste den Menschen noch besser erklären können, was für sie auch persönlich drin liegt, wenn sie die App benutzen.
Datenschutz-Bedenken ernst nehmen
Zudem sollte der Bund laut Brülhart auch deutlicher auf die Datenschutz-Frage eingehen. Verglichen mit anderen populären Apps schneide die Covid-App hierbei sehr gut ab. «Wenn man wegen Datenschutz-Bedenken diese App ablehnt, kann man sein Smartphone eigentlich gleich zu Hause lassen», sagt Brülhart. Sonst sei man ja nicht konsequent. «Ich glaube, da kann das BAG ruhig noch ein bisschen selbstbewusster und klarer kommunizieren.»
Fokus auf den Datenschutz und eine persönlichere Kommunikation – damit könnte man die Menschen wohl von der SwissCovid-App überzeugen.