Eingetragene Partnerschaft, klassisches Ehemodell, Patchwork-Familie oder Konkubinat? Die heutigen Formen des Zusammenlebens sind vielfältig. Egal in welcher Form die Paare zusammenleben, der Wunsch nach Kindern taucht auf.
Doch manchmal sind Natur, Karriere oder sonstige Gründe hinderlich. Dann bietet sich unter anderem die Adoption an, um sich so den Wunsch nach Nachwuchs zu erfüllen.
Wer heute ein Kind adoptieren will, muss eine Reihe von allgemeinen Voraussetzungen erfüllen, die den Lebensrealitäten nicht mehr in allen Bereichen entsprechen:
- Ehepaare können nur gemeinsam adoptieren. Nicht verheirateten Personen ist die gemeinsame Adoption nicht gestatten.
- Die Ehepaare müssen fünf Jahre verheiratet oder älter als 35 Jahre alt sein.
- Einzelpersonen können adoptieren, wenn sie das 35. Lebensjahr zurückgelegt haben.
- Zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind muss der Altersunterschied mindestens 16 Jahre betragen.
- Eine Person darf das Kind eines Ehegatten adoptieren, wenn das Paar seit mindestens fünf Jahren verheiratet ist.
- Stiefkindadoption: Unverheiratete dürfen kein anderes Kind adoptieren als jenes des Partners oder der Partnerin.
Um der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen, hat der Bundesrat eine Modernisierung diesses Adoptionsrechts vorgeschlagen. Da immer mehr Kinder bei unverheirateten Paaren aufwachsen, sollen diese nicht länger benachteiligt sein. Der entsprechenden Modernisierung des Adoptionsrechts hat der Ständerat als Erstrat zugestimmt.
Die wichtigsten Änderungsvorschläge:
- Im Interesse des Kindes soll künftig die Stiefkindadoption in allen Paarbeziehungen und unabhängig vom Zivilstand oder der sexuellen Orientierung möglich sein.
- Das Mindestalter adoptionswilliger Personen soll von 35 auf 28 Jahre gesenkt werden.
- Die Mindestdauer der Paarbeziehung soll von 5 auf 3 Jahre gesenkt werden. Ausschlaggebend für die Berechnung soll neu die Dauer des gemeinsamen Haushalts sein.
- Im Sinne einer Flexibilisierung der Adoptionsvoraussetzungen soll es möglich sein, von diesen abzuweichen, wenn das Kindeswohl dies verlangt. Beispielsweise beim Mindestalter oder dem minimalen Altersunterschied zwischen Adoptivkind und Adoptiveltern.
Weniger Adoptionen
Wirft man einen Blick auf die Zahlen des Bundesamts für Statistik, wird rasch klar: Die Zahl der Adoptionen hat stark abgenommen.
Woran liegt das? Generell muss zwischen ausländischen und inländischen Adoptionen unterschieden werden. Für Franziska Frohofer, Geschäftsführerin der Schweizerischen Fachstelle für Adoption, ist klar: «Der Rückgang der ausländischen Adoptionen hängt mit dem Haager Adoptionsabkommen zusammen.» Das Abkommen habe zum Ziel, den Kinderhandel einzuschränken.
Zudem seien die Staaten verpflichtet, zuerst eine Unterbringungsmöglichkeit für ein Kind im Land selber zu finden. «Erst wenn es keine solche Möglichkeit gibt, kommt eine allfällige Weggabe ins Ausland in Frage», sagt Frohofer. Als weiteren Grund führt sie an: «Generell ist mit dem Haager Abkommen das Adoptionsverfahren strenger geworden.»
Mehr Alleinerziehende
In der Schweiz hat der Rückgang der Adoptionen andere Gründe. «Es gibt mehr alleinerziehende Mütter. Alleinerziehende werden heute nicht mehr so stark ausgegrenzt wie beispielsweise noch in den 1970er Jahren. Und die Behörden setzen im Zusammenhang mit Adoptionen keine Zwangsmassnahmen mehr durch.»
Zudem seien heute sehr viele Hilfsangebote vorhanden, so dass Alleinerziehende nicht mehr gezwungen seien, ihre Kinder wegzugeben. «Auch die Armut hat abgenommen. Und eine Adoption ist schwieriger worden», sagt Frohofer. Denn das Adoptionsverfahren sei sehr aufwändig und dauere entsprechend lange. «Ein weiterer Grund für die Abnahme der Adoptionen sind aber auch bessere Verhütung sowie Abtreibungen», erklärt Frohofer.
Das Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ)
Das Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ) |
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Das Übereinkommen regelt den internationalen Schutz von Kindern, die sich vorübergehend oder dauerhaft ausserhalb ihres Heimatstaates befinden. Im KSÜ haben sich die Vertragsstaaten verpflichtet, für Entscheidungen über die elterliche Verantwortung ausschliesslich die Gerichte in jenem Staat zuständig zu machen, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, also wo es auf Dauer lebt. Der Sinn hinter dieser Regelung ist, dass die Gerichte am Ort des Aufenthalts des Kindes am ehesten abschätzen können, welche Entscheidung für das Kindeswohl am besten ist. Darüber hinaus regelt das KSÜ, welches Recht das zuständige Gericht bei einer Entscheidung anzuwenden hat: nämlich immer sein «eigenes», also das Recht des Gerichtsstaates. Die Schweiz hat das Übereinkommen am 27. März 2009 ratifiziert. Das Vertragswerk ist seit dem 1. Juli 2009 in Kraft. Insgesamt sind 42 Nationen dem Übereinkommen beigetreten. |
Adoptionsrechte für Homosexuelle - Länderüberblick
Stiefkind-Adoption | Andorra, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Irland, Island, Israel, Kanada, Malta, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien |
Gemeinsame Adoption eines fremden Kindes | Andorra, Argentinien, Australien (4/8 Bundesstaaten), Belgien, Brasilien, Dänemark, Finnland (ab März 2017), Frankreich, Grossbritannien, Irland, Island, Kanada, Kolumbien, Luxemburg, Malta, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Südafrika, Uruguay, USA (ausgenommen Nebraska und Mississippi) |
Automatische Anerkennung der Elternschaft | Belgien, Dänemark, Grossbritannien, Irland, Malta, Niederlande, Spanien Quelle: International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA), |