Eine kleinere und schlagkräftigere Armee, die auf die neuen Bedrohungen rasch reagieren kann. In diesem Sinne ist der Nationalrat der kleinen Kammer am Donnerstag in weiten Teilen gefolgt. Die Halbierung auf 100‘000 Mann Sollbestand wurde ebenso bestätigt wie eine auf 18 Wochen verkürzte Rekrutenschule.
Das Unerwartete passierte ganz am Ende der Debatte bei der Gesamtabstimmung über das Millitärgesetz, das die Grundlage für die Armeereform bildet.
Der Nationalrat lehnt die Vorlage mit 86 gegen 79 Stimmen bei 21 Enthaltungen ab. Der Entscheid komme einer kleinen Sensation gleich, stellt Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt fest.
Zuvor hatte der Nationalrat gegen sechs Stunden debattiert und dabei fast alle Vorschläge abgeschmettert, die die Vorlage korrigieren wollten: Kamen die Anträge von der SVP, tat sich die Linke mit den Mitte-Parteien zusammen. Kamen die Anträge von links, bodigte sie die Mitte zusammen mit der SVP. Am Schluss lag also mehr oder weniger die Vorlage auf dem Tisch, wie sie der Ständerat bereits im Frühling verabschiedet hatte.
Den einen zu wenig, den andern zu viel
Laut Burkhardt ist es damit wieder einmal zur ungewöhnlichen Allianz zwischen SVP und Linken gekommen: Die SVP lehnte die Vorlage ab, weil der Armee die fünf Milliarden Franken pro Jahr nicht garantiert wurden.
Denn der Bundesrat könnte die Summe reduzieren, weil sie der Nationalrat nicht ins Gesetz schreiben wollte. SP und Grünen war die Armee mit 100‘000 Angehörigen zu gross und zu teuer. Sie wollten höchstens 80‘000 Angehörige für maximal 4,4 Milliarden Franken pro Jahr.
Wie weiter mit dem Scherbenhaufen?
Die Lage ist nun ziemlich grotesk, nahm doch der Nationalrat nach Ablehnung des Militärgesetzes verschiedene Verordnungen zur Organisation der Armee noch an. Zum Beispiel die Verordnung, die die Grösse der Armee festlegt. Allerdings sind diese Verordnungen ohne Gesetzesgrundlage wertlos.
Das Parlament steht jetzt vor einem Scherbenhaufen. Die Armeereform ist zurzeit gescheitert. Nun kann der Ständerat den Scherbenhaufen wieder aufwischen, wenn er möchte. Verteidigungsminister Ueli Maurer wollte sich nach der Debatte nicht zu dieser für ihn schweren Niederlage äussern.