- Der Handel mit sogenannten Posing-Bildern von Kindern soll unter Strafe gestellt werden.
- Dies fordert eine Motion von Natalie Rickli (SVP), mit der sich nun der Ständerat befasst.
- Die Gegner sagen, die neue Strafnorm sei unnötig. Es gebe bereits eine Handhabe, gegen den Missbrauch solcher Bilder vorzugehen.
Nicht alles was stossend ist, ist auch strafbar. Das ist sich Nathalie Rickli bewusst. «Aber mal ganz ehrlich: Wenn man bei einem Mann Hunderte Nacktbilder von Kindern findet, kann mit ihm ja etwas nicht stimmen», sagt sie. Tatsächlich werden bei den meisten Pädokriminellen auch Nacktaufnahmen von Kindern gefunden, die nicht strafbar sind.
Das bestätigt Andreas Brunner, der bis vor zwei Jahren leitender Oberstaatsanwalt des Kantons Zürich war. Allerdings müsse man «zwischen Moral und Recht unterscheiden können». Doch die Grenze ist im Recht schwierig zu ziehen. Sie liegt irgendwo zwischen dem Verbot sexueller Handlungen mit Kindern und gewöhnlichen Nacktbildern, etwa aus den Familienferien am Strand.
Das Bundesgericht hat die Rechtsprechung verschärft.
«Dazwischen ist eine grosse ‹Grauzone›, die mit der Rechtsprechung gefüllt wurde, zum Teil auch durch das Bundesgericht», erläutert Brunner. Konkret hat das Bundesgericht seine Praxis in den vergangenen Jahren verschärft. Mittlerweile beurteilt es auch Bilder als Kinderpornografie, wenn das Kind teilweise bekleidet ist und wenn der Fokus nicht auf den Genitalien liegt.
Tatsächlich sei diese Entwicklung der Rechtssprechung zielführender, als immer detailliertere Gesetzesbestimmungen zu erlassen, ist Brunner überzeugt. Seiner Ansicht nach schafft man mit jeder neuen Gesetzesformulierung neue Unsicherheiten.
In der Rechtskommission des Ständerates hatte sich FDP-Vertreter Andrea Caroni gegen die Motion Rickli ausgesprochen. Auch er verweist auf die verschärfte Praxis des Bundesgerichts. «Mein Problem ist zudem, dass die Motion sehr schlecht formuliert ist», sagt er. So lasse sie offen, ob ganz normale Familienaufnahmen der Kinder plötzlich strafbar sein könnten. «Ich möchte nicht Familien für ihre Familienfotos kriminalisieren», so Caroni.
Es gibt kaum gewerbsmässigen Handel
Das möchte auch Nationalrätin Rickli nicht. Sie ist sich der Abgrenzungsschwierigkeiten durchaus bewusst. Deshalb müsse man den gewerbsmässigen Handel mit solchen Bildern unter Strafe stellen. Der frühere Oberstaatsanwalt Brunner sagt, das töne zwar gut. Doch in der Praxis würden solche Bilder in den allermeisten Fällen unter Privaten getauscht, wobei gar kein Geld fliesse. «Es sind kaum Händler im gewerbsmässigen Sinne bekannt.»
Werde das Verbot aber auf Tausch ausgeweitet, führe dies wieder zu gravierenden Abgrenzungsproblemen. Zudem erhöhe jede Verschärfung den Aufwand der Ermittlungsbehörden, weil die Sichtung solcher Bilder zu hundert Prozent individuelle Arbeit sei. Computerprogramme könnten die Arbeit nicht übernehmen, «weil es ganz auf Detailfragen ankommt».
Bestrafen, was stossend ist
Brunner schlägt an Stelle einer Getzesänderung deshalb einen anderen Weg vor: Finden Strafermittlungsbehörden bei einer Person grosse Mengen von Bildern mit nackten Kindern, sollten sie sich fragen, ob dies nicht ein hinreichender Anfangsverdacht sei, um eine Ermittlung zu beginnen. Dies sei vermutlich der effizientere Weg, damit das, was stossend sei, auch bestraft werden könne.