Didier Burkhalter ist seit 2009 Bundesrat. Nun folgt mit dem Bundespräsidium die Krönung seiner Bilderbuchkarriere.
Unglücklich als Gesundheitsminister
Inhaltliche Highlights waren in seiner vierjährigen Amtszeit hingegen eher dünn gesät. Mit viel Vorschusslorbeeren übernahm er im Departement des Innern (EDI) die Nachfolge seines Parteikollegen Pascal Couchepin. Von Burkhalter, der als Mediator, Pragmatiker und erprobter Exekutivpolitiker antrat, erhofften sich viele eine Aufweichung der verhärteten Fronten in den Sozialversicherungs-Dossiers.
Vergeblich: Die noch von Couchepin geerbte 11. AHV-Revision scheiterte im Parlament, obwohl Burkhalter noch einen Kompromiss versuchte. Die Senkung des Umwandlungssatzes für die Berufliche Vorsorge und Burkhalters eigenes Projekt, die Managed-Care-Vorlage für die Krankenkassen, versenkte das Volk.
Absprung ins Aussendepartement
Bei der Abstimmung über Managed Care war allerdings schon SP-Bundesrat Alain Berset verantwortlich. Auf Anfang 2012 hatte Burkhalter entgegen dem Wunsch seiner Partei, der FDP, ins Aussendepartement (EDA) gewechselt.
Ich konnte die Fenster öffnen
Es war ein Befreiungsschlag: «Ich konnte die Fenster öffnen», sagte er in einem Interview zu seinem Wechsel. Er sei der vielen trockenen und technischen Fragen im EDI überdrüssig geworden. Die Diskussionen um Interessen und Werte im EDA sagten ihm mehr zu, liess er durchblicken.
Kontrast zu Calmy-Rey
Im EDA steht seine zurückhaltende Person in starkem Kontrast zu seiner umtriebigen Vorgängerin Micheline Calmy-Rey, die dem Departement acht Jahre lang vorstand. Zu seinen Schwerpunkten und Zielen als Bundespräsident will sich Burkhalter beispielsweise erst äussern, wenn ihn die Bundesversammlung ins Amt gewählt hat.
Da Burkhalter wieder eine Aussenpolitik betreibt, die sich eher im Hintergrund bewegt, stand er in den vergangenen zwei Jahren wenig im Scheinwerferlicht – ausser es ging um sein wohl wichtigstes Dossier, die künftigen Beziehungen zur EU.
Überzeugen mit Argumenten
In der EU-Politik versucht Burkhalter den Spagat: Während er Brüssel mehr Verbindlichkeit für die bilateralen Verträge signalisiert, versichert er gleichzeitig den Skeptikern im Inland, dass die Schweiz keine fremden Richter akzeptieren wird.
Für diese «Weiterentwicklung des bilateralen Weges» wirbt Burkhalter mit seiner ruhigen, überlegten Art und seinem rhetorischen Talent. Mit Engelsgeduld verteidigt er im Parlament immer wieder die bundesrätliche Position gegenüber provokativen Fragen aus der SVP. Dazu wird es ihm auch in Zukunft nicht an Gelegenheiten mangeln.
Vize mit viel Reisen
Einen Vorgeschmack auf die Pflichten eines Bundespräsidenten erhielt Burkhalter schon im laufenden Jahr. Vorgänger Ueli Maurer war eher auf die Wirkung im Inland bedacht und delegierte Auslandreisen nach Möglichkeit an seinen Vize Burkhalter.
Dem weltoffenen Neuenburger, der mit einer Österreicherin verheiratet ist, liegen die Repräsentationsaufgaben offenkundig mehr als Maurer. Und er geniesst sie auch mehr. Er besuchte nicht nur die Nachbarländer, sondern reiste im Herbst etwa auch als erster Schweizer Aussenminister nach Australien. Im Präsidialjahr wird er sich nun wieder verstärkt dem inländischen Parkett zuwenden müssen.