Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat dem Vorschlag der Einigungskonferenz zugestimmt. Damit hat die Altersvorsorge 2020 von Bundesrat Alain Berset die parlamentarische Hürde genommen. Doch: Ist der umstrittene Kompromiss stark genug, dass er auch der Volksabstimmung standhält? Die Analyse von SRF-Bundeshaus-Redaktor Dominik Meier.
SRF News: Die Vorlage wurde vom Nationalrat mit 101 Ja-Stimmen so knapp wie nur möglich angenommen. Was bedeutet dieses Resultat?
Dominik Meier: Mit einem so knappen Resultat und mit SVP und FDP im Nein-Lager steht diese Reform politisch natürlich nicht unter dem besten Stern. Ende September kommt die Vorlage vors Volk und da braucht es ein Volks- und eine Ständemehr.
Aber abgesehen davon muss man auch sagen: Als Bundesrat Alain Berset vor fünf Jahren antrat und sagte, er wolle AHV und Pensionskassen gemeinsam reformieren, da haben nur wenige auf ihn gewettet. Jetzt ist die Reform durchs Parlament – zwar ziemlich anders als er das ursprünglich geplant hat – aber für den Sozialminister und den Bundesrat ist das ein Erfolg.
Wenn die Reform im September vom Volk angenommen wird, was ändert sich für die Rentnerinnen und Rentner?
Ab dem 1. Januar 2018 – also bereits in acht Monaten – müssten die Frauen drei Monate länger arbeiten als bisher. Das Rentenalter für die Frauen würde dann in Dreimonats-Schritten bis auf 65 ansteigen. Ebenfalls ab dem 1. Januar 2018 würde mehr Geld aus der Mehrwertsteuer in die AHV fliessen.
Die «berühmten» 70 Franken von der AHV, die gäbe es erst ab 2019 zum ersten Mal, und zwar nur für die Frauen und Männer, die dann neu in Rente gehen. Bei den Pensionskassen wird es Einbussen bei den Monatsrenten geben. Jedoch erst für Leute, die in 20 Jahren in Rente gehen.
Die Abstimmung kommt so oder so, werden die Frontlinien im Abstimmungskampf nun gleich verlaufen wie jetzt im Parlament?
Das rechte Lager gegen Mitte-Links, das dürfte auch im Abstimmungskampf so laufen. Die Rechte, also FDP und SVP, wird argumentieren, 70 Franken mehr AHV, das komme zu teuer und die Jungen müssten dann die Zeche bezahlen. Zudem entstehe eine Zweiklassen-AHV, weil nur neue Rentner von der Erhöhung profitieren.
Neben diesem Widerstand von rechts wird es aber auch einen Widerstand vom ganz linken Rand geben: Gewerkschafterinnen, insbesondere aus der Romandie und dem Tessin, werden ebenfalls für ein Nein eintreten. Sie wollen das höhere Rentenalter für Frauen nicht akzeptieren. Es wird also eine Art Zangenangriff von links und von rechts auf diese Reform geben.
Das Gespräch führte Simon Leu.