Das Argumentarium, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen der Initiative «Für eine sichere und wirtschaftliche Stromversorgung» geht runter wie Öl: Jede dritte Kilowattstunde Strom in unserem Land ist überflüssig. Durch technologische Innovation und sanften politischen Druck liesse sich der gedankenlose Stromverbrauch massiv reduzieren, finden die Initianten. Auf ganze 19 Milliarden Kilowattstunden beziffern sie das Sparpotenzial. Das wäre ein Drittel des Verbrauchs von 2014.
Das Resultat:
Kann man gegen diese Utopie für eine ökologischere, ja eine bessere Zukunft sein? Man kann. Der Bundesrat sympathisiert zwar mit dem Anliegen des überparteilichen Initiativkomitees. Er lehnt es aber ab – ohne Gegenvorschlag. Denn die Regierung hält ihre Energiestrategie 2050 für nachhaltiger und umfassender. Auch die Umweltkommission des Nationalrats lehnte die Initiative mit 15 zu 9 Stimmen ab.
Und am Ende der heutigen Marathondebatte tat es auch der Nationalrat: Mit 106 zu 71 zu Stimmen bei 6 Enthaltungen empfiehlt er die Initiative Volk und Ständen zur Ablehnung.
Nichtsdestotrotz: Die Debatte verlief facettenreich und nicht ausschliesslich entlang der Parteilinien – rein «links» ist die Initiative nicht. Auch stramm bürgerliche Politiker wie Ruedi Noser (FDP/ZH) gehören zu den Initianten.
Die Argumente:
Laut den Befürwortern im Nationalrat geht es nicht darum, den Leuten Vorschriften zu machen. Vielmehr solle vom technologischen Fortschritt profitiert werden. Mit den Entwicklungen, etwa im Cleantech-Bereich und Plus-Energie-Bauten, lasse sich massiv Strom sparen. Diese wirtschaftlichen Potenziale sollten ausgeschöpft werden: «Es geht nicht wie früher ums Stromsparen, sondern um Stromeffizienz», so Beat Jans (SP/BS). Profitieren würden alle: die Verbraucher, die Wirtschaft und die Umwelt.
Die Gegner im Nationalrat halten die Initiative für nicht zielführend und durch die Energiestrategie 2050 für obsolet. Zudem enthalte die Bundesverfassung bereits übergeordnete Bestimmungen zum rationellen Energieverbrauch. «Sich allein auf Stromeffizienz zu fokussieren, ist verfehlt», sagt etwa Christian Wasserfallen (FDP/BE). Andere Energieträger, etwa fossile oder alternative, dürfen gemäss der Gegner nicht ausgeklammert werden. «Entscheidend ist die gesamte Öko-Bilanz», so Doris Fiala (FDP/ZH). Kurz: Die Initiative ist für die Gegner eine staats- und energiepolitische Fehlzündung – und sie entmündigt die Verbraucher.
Energieministerin Doris Leuthard kritisiert die energiepolitischen «Scheuklappen» der Initiative: «Es geht um Energie-, nicht nur um Stromeffizienz, also etwa auch um die Reduktion fossiler Energie. Das entspricht auch unserer Klimastrategie.» Einverstanden ist die Bundesrätin aber mit dem Grundgedanken, den Stromverbrauch durch Effizienzmassnahmen zu senken: «Hier braucht es aber neben Technologie und Innovation auch eine Verhaltensänderung von jedem Einzelnen.» Auch die Wirtschaft müsse realisieren, dass Wachstum nicht automatisch mehr Verbrauch bedeute.
So geht es weiter:
Um die Beratungen zur Volksinitiative und jene zur Energiestrategie 2050 koordinieren zu können, war die Frist für die Behandlung der Initiative durch das Parlament um ein Jahr verlängert worden. Sie läuft nun erst Mitte November 2016 aus. Dann wäre der Weg frei für die Volksabstimmung.
Einen Vorbehalt gibt es allerdings: Die Stromeffizienzinitiative könnte zurückgezogen werden, wie Jürg Grossen (GLP/BE) stellvertretend für das Initiativkomitee ankündigte: «Wenn die beschlossenen Energieziele in der Energiestrategie 2050 angenommen und umgesetzt werden.»