Das gescheiterte Informatikprojekt Insieme, mit dem 116 Millionen Franken an Bundesgeldern in den Sand gesetzt worden waren, hat im Nationalrat eine «Kropfleerete» ausgelöst. Zu entscheiden gab es nichts; die Abnahme des 300-seitigen Berichts der Arbeitsgruppe der Finanz- und Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte war eine Formalität.
Das Projekt Insieme war 2001 lanciert worden, um veraltete Informatiksysteme zu ersetzen. Weil die Probleme immer grösser wurden, gab es 2012 eine Administrativ-Untersuchung. Der Steuerverwaltungschef Urs Ursprung musste gehen, und Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf brach das Projekt ab.
Der Bericht stellt Verstösse gegen das Beschaffungsrecht sowie schwere Koordinations- und Aufsichtsmängel auf verschiedenen Ebenen fest. Ursprung wird zwar als Hauptverantwortlicher genannt. Kritik einstecken müssen aber auch Widmer-Schlumpf und ihre Amtsvorgänger Kaspar Villiger und Hans-Rudolf Merz.
Mehr Leute zur Überprüfung nötig
Von links bis rechts äusserten nun die Fraktionen ihre Hoffnung, dass die Bundesverwaltung für die aktuell laufenden IT-Projekte aus dem Insieme-Debakel gelernt hat. Die 22 Empfehlungen sowie eine Motion und zwei Postulate der Arbeitsgruppe, die ihren Bericht im November vorgestellt hatte, werden allseits unterstützt.
CVP und FDP mahnten, man müsse die Einhaltung dieser Empfehlungen später aber auch überprüfen können. Maria Bernasconi (SP/GE) sagte, angesichts des Berges von Arbeit habe die Verwaltung zu wenig Leute; man müsse auch die Mittel zur Verfügung stellen. Dem schlossen sich auch die Grünen und die CVP an.
Die FDP warnte davor, angesichts der Überforderung der zuständigen Stellen einfach nur mit dem Finger auf die verantwortlichen Personen zu zeigen. Es gebe ein Systemproblem bei Informatik. Systemfehler zu erkennen, sei eine Sache. Man müsse aber auch Korrekturen vornehmen, konterte Daniel Vischer (Grüne/ZH). Diese Arbeit habe das Parlament noch vor sich.
Insieme wohl nur «die Spitze des Eisbergs»
Mehrere Redner verwiesen darauf, dass es auch in der Privatwirtschaft gröbere Informatikprobleme gebe. Just weil derlei immer wieder vorkomme, sei erstaunlich, dass der Insieme-Skandal beim Bund dennoch möglich wurde, sagte Vischer.
Die BDP lobte derweil Widmer-Schlumpf für den «Mut», das Projekt abzubrechen. Die Grünen sagten, ohne den Abbruch wäre heute das Debakel wohl noch grösser.
Pirmin Schwander (SVP/SZ) merkte selbstkritisch an, dass das Parlament durchaus «nicht nichts gewusst» habe von den offensichtlichen Mängeln. Es habe aber «zu wenig nachgefragt» und «sich von schönen Folien der IT-Branche blenden lassen». Angesichts stark steigender IT-Kosten sei der Fall wohl nur «die Spitze des Eisbergs».
Reihum Lob erhielt die Arbeitsgruppe, die den Insieme-Bericht innerhalb eines Jahres und im Budget erarbeitet hat. Nationalrat Ruedi Lustenberger (CVP/LU) stellte ihr dafür ein «gutes Zeugnis» aus. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK), wie sie von einigen Politikern gefordert worden war, habe sich somit als unnötig erwiesen.