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Schweiz Stoffel: Schnöder Millionär oder mondäner Visionär?

Höher als der Eiffelturm, zweimal so hoch wie der Roche Tower – Der Hotelturm in Vals sprengt alle Grenzen. Aber eigentlich geht es Stoffel um etwas ganz anderes.

In Vals leben 1006 Menschen. 20 von ihnen tragen den Familiennamen Loretz. Einer von ihnen, Martin Loretz, ist Tourismuschef von Vals. Auf die Frage, was Vals besonders auszeichnet, muss Loretz nicht lange überlegen: Das Dorf und dessen Einwohner. Die Valser seien nämlich sehr kontaktfreudig und aufgeschlossen.

Remo Stoffel ist auch ein Valser. Sein Vater hat bei der Mineralquelle Vals gearbeitet, der Grossvater war Bergbauer. Heute ist Stoffel ein vermögender Investor. Seit seiner Idee eines 380 Meter hohen Hotelturms kennt man seinen Namen auch im Ausland. Wenn man Stoffel und seine Pläne verstehen will, muss man mit Peter Hartmeier reden. Der ex-Chefredaktor des «Tages-Anzeiger» ist seit einem Jahr der PR-Berater von Stoffel.

Machbarkeit nur zweitrangig

Dabei erfährt man etwas über die Hintergründe des Riesenturms. Zum Beispiel, dass die Machbarkeit des Hotels nicht im Zentrum stehe. Stoffel wolle vielmehr eine Diskussion über die Entwicklung des Tourismus in den Bergregionen anstossen.

In den letzten 30 Jahren erlebte der Schweizer Massentourismus verheerende Auswirkungen. Durch die Bauwut verwandelten sich manche Schweizer Regionen in Ableger von Disneyland. Oder in Schlafdörfer.

Damit will Stoffel brechen. Das Palace-Hotel in St. Moritz gilt ihm als Vorbild. Dieses Luxushotel öffnete im 19. Jahrhundert seinen Betrieb, blieb für die meisten Schweizer aber unerschwinglich. Trotzdem war sein Einfluss aber gewaltig: Die Schweizer Hotellerie bot hochqualifizierte Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung an, finanziert durch reiche Hotelgäste aus dem Ausland.

Der Tourismus müsse sich nicht in die Breite entwickeln, sondern in die Höhe, zitiert Hartmann Stoffel. Suiten für 5000 Franken die Nacht. Aber nur zum Vermieten und nicht zum Verkauf.

Samih Sawiris als Kontrahent

Mit diesen beiden Forderungen steht Stoffel im totalen Widerspruch zu Samih Sawiris. Der ägyptische Unternehmer will Andermatt neu erfinden. Auf einer Fläche von 1,46 Quadratkilometer beabsichtigt der Ägypter mehrere Hotels und Ferienhäuser zu bauen. Dazu einen 18-Loch-Golfplatz, ein Sport-und Freizeitzentrum, ein Hallenbad und eine Eissporthalle. Der neue Dorfteil mit Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäusern richtet sich an zahlungskräftige Kunden aus dem Ausland, die sich in Andermatt eine Immobilie einkaufen können.

Kaufen oder Mieten?

«Immobilienhai», «Jungspund mit ausgeprägtem Killerinstinkt», «Turmbau zu Babel!». Wer hier so spricht, ist Hans Peter Danuser. Der ehemalige Kurdirektor von St. Moritz hält sich nicht zurück. Danuser hat früher Sawiris beraten und sieht auch einen grossen Unterschied zwischen den beiden Machern: Stoffels finanzieller Hintergrund sei nicht annähernd so solide wie der des Ägypters.

Auch die Idee der Vermietung an reiche Gäste verwirft er. Reiche Ausländer hätten bessere Alternativem für Ferien als das bescheidene Vals. Das Bergdorf sei zwar charmant, aber abgeschieden.

Kurz: Die Chancen, dass der 380 Meter hohe Turm jemals realisiert wird, tendiere gegen Null, so Danuser. Aber darum geht es gemäss Hartmeier auch gar nicht.

Sollte der Hotelturm trotzdem gebaut werden, wird sich einer sicher auf den Bauherrn freuen: Martin Loretz, der Tourismusdirektor. Er hofft auf neue Arbeitsplätze für die Valser und darauf, seinen ehemaligen Schulkameraden wieder zu sehen.

Mithilfe von René Staubli

Der Turm von Vals

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