Nach den islamistischen Terroranschlägen in Frankreich machen sich die Konservativen im EU-Parlament für neue Regeln zum Austausch von Flugpassagier-Daten stark. Bisher blockiert eine Mehrheit im Parlament aus Datenschutzgründen einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission im Anti-Terror-Kampf.
«Vernünftiger Weg bei der Umsetzung»
«Es wäre wichtig, wenn Sozialdemokraten und Liberale im Parlament ihre Blockade des EU-Fluggastdatensystems aufgeben», sagte der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, in Brüssel. Der konservative Parteienblock ist die stärkste Kraft im Parlament.
Aktionismus wäre jetzt falsch, aber Ideologie ist auch fehl am Platz
Die Erhebung solcher Daten hat sich nach Worten Webers im weltweiten Anti-Terror-Kampf bewährt. Es gehe nun darum, «einen vernünftigen Weg bei der Umsetzung» zu finden: «Aktionismus wäre jetzt falsch, aber Ideologie ist auch fehl am Platz.»
Umstrittenes Abkommen mit den USA
Seit Jahren wird auf EU-Ebene um das Thema gestritten. Nach den Plänen sollen Sicherheitsbehörden Zugriff auf Daten von Fluggästen erhalten, die in die EU hinein oder aus der Union ausreisen.
Vorbild ist ein Abkommen zwischen Europa und den USA. Seit 2012 erhalten die USA auf Basis des PNR-Abkommens die Daten von EU-Passagieren auf Flügen in die USA. Dazu gehören Name, Adresse, Sitzplatz- und Kreditkartennummer. Ähnliche Abkommen hat die EU mit Kanada und Australien. Strittig ist noch, wie Europa mit diesen Daten umgeht.
Bundesamt für Polizei prüft
Bei Flügen in Richtung USA oder Kanada gibt die Schweiz schon heute den Namen des Passagiers, Geburtsdatum, Kreditkarten-Nummer und die Telefonnummer preis. Jetzt könnte die EU hinzu kommen - seit Sommer diskutieren die Bundesbehörden darüber bereits im Rahmen eines Projekts für mehr Sicherheit an den Grenzen.
Dass sich der Daten-Abgleich mit Ländern der Europäischen Union bereits im Prüfungsverfahren befindet, räumt Stefan Kunfermann vom Bundesamt für Polizei fedpol ein: «Wir prüfen ob ein Austausch von Flugpassagier-Daten für die Schweiz von Nutzen sein kann. Beziehungsweise auch, ob die Schweiz sich an einem EU-Austausch dieser Passagierdaten beteiligen sollte.» Abgeklärt werde etwa, wie sich der Austausch mit dem Datenschutz verträgt.
Interesse der Kantone gegeben
Passagierdaten austauschen mit der EU? Die Kantone seien dafür, sagt Roger Schneeberger der Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren: «Das Interesse der Kantone ist durchaus gegeben. Es geht da in erster Linie um Terrorismus-Prävention.»
Parlamentarierinnen von FDP und CVP sind von solchen Plänen wenig begeistert, zeigen sich aber kompromissbereit. FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger sagt, wenn die EU den Austausch einführe, müsse die Schweiz wohl mitziehen: «Aber vorgängig müsste das ganz genau angeschaut werden, was den Datenschutz anbelangt. Damit wir die Risiken kennen.»
Empfehlung bis Ende Jahr
Um den Datenschutz sorgen sich auch linke Sicherheitspolitiker - es fehle zudem der Beweis, dass sich mit dem Austausch Anschläge verhindern liessen, sagt etwa der Grüne Nationalrat Daniel Vischer. Auch er aber meint: Man müsse den Austausch jetzt prüfen.
Die Bundesbehörden geben dem Bundesrat bis Ende Jahr ihre Empfehlungen ab. Für den heiklen Datenaustausch müsste die Schweiz ein spezielles Abkommen abschliessen mit der EU.
USA verschärfen Sicherheitsmassnahmen
Nach den Terrorakten in Frankreich haben die USA ihre Sicherheitsvorkehrungen bereits verschärft. So werden mehr Reisende und deren Handgepäck stichprobenartig durchsucht, erkärte Heimatschutzminister Jeh Johnson. Man werde weiterhin mit Frankreich und anderen Verbündeten zusammenarbeiten und dabei Informationen über Terrorgefahren und Verdächtige austauschen. Bereits im Juli hatte er verschärfte Kontrollen an ausländischen Flughäfen für Flüge in die USA angeordnet.
Der für die weltweiten Sicherheitsmassnahmen zuständige Federal Protective Service (FPS) solle zudem verstärkt US-Einrichtungen in grossen Städten rund um den Globus kontrollieren, fügte Johnson hinzu. Die Liste der Städte und der Umfang der Einsätze an diesen Orten werde laufend überprüft.