- Die Massentierhaltungsinitiative will die tierfreundliche Unterbringung, den regelmässigen Auslauf und die schonende Schlachtung von Nutztieren in der Verfassung verankern.
- Die Mehrheit der Wirtschaftskommission empfiehlt dem Nationalrat, der die Initiative erstmals berät, sich gegen sie auszusprechen.
- Auch den direkten Gegenvorschlag des Bundesrates empfiehlt die Kommission zur Ablehnung. Die Debatte ist auf zwei Tage verteilt.
Zusammengepferchte Hühner und Säuli, die kaum rauskönnen: Solche Zustände möchte die Initiative gegen Massentierhaltung verbieten. Innerhalb von 25 Jahren soll Schluss mit solchen Zuständen sein.
Für den Bundesrat ist das der falsche Weg: Er möchte lieber den Tierschutz verbessern – und zwar für alle Tiere, auch ausserhalb der Bauernbetriebe. Der Nationalrat hat die Monsterdebatte am Dienstagmorgen aufgenommen. Sie wird am Mittwoch fortgesetzt.
In Werbevideos von Proviande, der Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft, werde gerne die heile Welt gezeigt. Doch die Realität in vielen Schweizer Landwirtschaftsbetrieben sehe ganz anders aus, sagt die grüne Nationalrätin Meret Schneider, die an vorderster Front Unterschriften für die Initiative gegen Massentierhaltung gesammelt hat.
Auf der Fläche eines Autoparkplatzes können zehn Schweine eingepfercht werden.
«27'000 Hühner werden in konventionellen Masthallen gehalten, zwei bis vier Prozent davon sterben bereits, bevor sie ihr Schlachtgewicht erreicht haben», so Schneider. Ihre grüne Ratskollegin Regula Rytz nennt das Beispiel der Schweine. Einem über 100 Kilogramm schweren Borstentier müsse gemäss geltendem Tierschutzstandard im Stall nicht einmal ein Quadratmeter zur Verfügung stehen. «Auf der Fläche eines Autoparkplatzes können also zehn Schweine eingepfercht werden.»
Bundesrat sieht Handlungsbedarf
Die Initiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» möchte deshalb Höchstzahlen für Tiere pro Stall festlegen, den Zugang ins Freie vorschreiben und eine tierfreundlichere Schlachtung garantieren.
Der Bundesrat findet Höchstzahlen nicht den richtigen Weg, um das Tierwohl zu steigern. Aber auch er sieht Handlungsbedarf. Und zwar für alle Tiere, nicht nur für diejenigen in Ställen. Er will deshalb Kriterien für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, für regelmässigen Auslauf und eine schonende Schlachtung in die Verfassung schreiben.
Der Präsident der Grünliberalen, Jürg Grossen, unterstützt diesen Alternativvorschlag. «Damit gewinnen die Tiere an Lebensqualität und werden widerstandsfähiger auch gegen Krankheiten, was den Einsatz von Medikamenten wie etwa Antibiotika reduziert.» Doch für den Bauernverband braucht es weder Initiative noch Gegenvorschlag.
Die Schweiz hat das strengste Tierschutzgesetz der ganzen Welt.
Denn, sagt Mitte-Nationalrat Markus Ritter, Präsident des Verbands: «Die Schweiz hat das strengste Tierschutzgesetz der ganzen Welt. Wir sind das einzige Land der Welt mit einer Höchstbestandsverordnung.»
Warnung vor höheren Fleischpreisen
Die Produktion von tierischen Lebensmitteln würde sich um 20 bis 40 Prozent verteuern, wenn man noch strengere Tierschutzstandards beschliesse, warnt Ritter. Und in der Schweiz würden unzählige neue Ställe nötig, um die Vorgaben der Initiative einzuhalten.
Konkret seien dies 1600 neue Aufzucht- und Legehennenställe und mehr als 20'000 mobile neue Pouletmastställe, so Ritter. Der Bauernverband und mit ihm auch die zuständige Wirtschaftskommission des Nationalrats beantragt dem Plenum deshalb, Initiative und Gegenvorschlag zu versenken. Abgestimmt wird am Mittwoch.