Samantha Wanjiru ist Psychologiestudentin und Kopf der Black-Lives-Matter-Bewegung in der Ostschweiz. Sie hat keine Zweifel: Die Inschrift «Haus zum Mohrenkopf» ist rassistisch. «Wenn ich meine schwarzen Kollegen frage, was das Haus mit ihnen macht, ist die Antwort meist eindeutig – es ist rassistisch», so die junge Frau aus St. Gallen gegenüber der «Rundschau».
Herzrasen, ein dumpfes Gefühl in der Magengrube, schweissnasse Hände: So beschreibt die Psychologiestudentin ihre Reaktion, als sie in St. Gallen zum ersten Mal vor dem «Haus zum Mohrenkopf» stand. Wanjiru setzt sich für die Aufarbeitung solcher Inschriften ein.
Rassistische Namen sollen weg
Auch in Zürich sorgen problematische Häusernamen aus der Kolonialzeit für Aufregung. Ein Kollektiv gegen Diskriminierung und Rassismus fordert die Stadtregierung auf, rassistische Namen aus dem Stadtbild zu entfernen. Die Gruppe «Mir sind vo da» schrieb einen Online-Brief an die Stadtpräsidentin. Hundert andere taten es ihnen gleich. Die Stadtregierung reagierte rasch. Sie entschied, Inschriften, die ein «sichtbares Zeichen für Rassismus und Kolonialismus» sind, sollen abgedeckt werden.
Die SVP wehrt sich dagegen. «Ich bin erschrocken, dass man einer kleinen, lauten, frechen Lobbygruppe den roten Teppich ausrollt und Altstadthäuser aufgibt», sagt Gemeinderätin Susanne Brunner (SVP).
Heimatschutz will «zum Mohrenkopf» erhalten
Verärgert ist auch der politisch neutrale Zürcher Heimatschutz. Gegen den Beschluss des Stadtrates, problematische Häuserinschriften abzudecken, hat er Rekurs eingelegt. Beat Schwengeler vom Zürcher Heimatschutz steht vor einem Haus am Neumarkt 13 in Zürich. Über der Eingangstür steht eingemeisselt: «Zum Mohrenkopf». Die Inschrift soll mit einer Platte abgedeckt werden, so will es die Stadt. Das gäbe Schäden, die nicht mehr zu beheben sind, wehrt sich der Heimatschutz.
Schwengeler fordert eine saubere Abklärung des Begriffs. Das brauche Zeit. «Die Stadt darf nicht in vorauseilendem Gehorsam bei einem 600 Jahre alten Haus einfach den Namen abdecken», sagt er. «Der Begriff Mohr war damals nicht rassistisch.»
Ihm widerspricht die Historikerin Ashkira Darman, die im Auftrag der ETH die Herkunft dieser Namen abklärt. «Im Mittelalter gab es keinen Rassismus, das stimmt. Aber der Begriff Mohr war schon damals abwertend. Schwarze wurden als Teufel dargestellt.» Der Fall liegt vor dem Baurekursgericht. Solange es nicht entschieden hat, bleiben die Namen an den Häusern stehen.
Studentin trifft Hausbesitzer
In St. Gallen sucht Studentin Wanjiru das Gespräch mit dem Besitzer des Hauses «Zum Mohrenkopf». Michael Salzgeber sagt: «Es hat mich sehr getroffen, dass unser Haus im rassistischen Kontext erwähnt wird.» Für seinen Vater habe die Inschrift «Zum Mohrenkopf» immer eine hohe Bedeutung gehabt. «Er sah einen Zusammenhang mit dem Heiligen Mauritius vom Kloster St. Gallen.» Eine rassistische Bedeutung hat der Begriff in Salzgebers Augen nicht.
Trotzdem sagt der Arzt: «Wir haben uns sogar schon überlegt, den Namen zu ändern, vielleicht in ‹Haus zum Kopf› anstelle von ‹Mohrenkopf›.» Samantha Wanjiru ist fürs Erste zufrieden. «Wichtig ist, dass wir uns Gedanken machen, wie wir mit solchen Fällen umgehen.» Sie schlägt vor, eine Gedenktafel anzubringen, die den problematischen «Mohr»-Begriff erklärt.