Immer mehr Menschen in der Schweiz sind vom übermässigen Verkehrslärm betroffen. Sie leben in der Nähe von einem Flughafen, von Autobahnen oder von der Eisenbahn.
Seit den 80er-Jahren hat der Bund für die Lärmsanierung von Strassen und Schienen insgesamt 2,5 Milliarden Franken aufgewendet. Doch das reicht nicht.
Noch immer sind unzählige Strassen und Schienen nicht lärmgeschützt. Vielerorts ist die Lärmbelastung heute sogar höher als vor 20 Jahren. Hauptgründe sind die schwereren Motorfahrzeuge und das steigende Verkehrsaufkommen.
Mangelhafte Lärmsanierung wird teuer
Im März 2015 laufen die Fristen für die Lärmsanierung der Bundesstrassen ab. Drei Jahre später die Fristen für Kantons- und Gemeindestrassen. Die mangelhafte Lärmsanierung kann den Bund, die Kantone und Gemeinde dann ganz teuer zu stehen kommen.
Hausbesitzer, die von übermässigem Lärm betroffen sind, können nämlich ab 2015 Entschädigungsklagen einreichen. Der Bund rechnet mit Lärmklagen in der Höhe von über 19 Milliarden Franken. Das geht aus einem internen Schreiben des Bundesamtes für Umwelt hervor, welches «10vor10» vorliegt. 19 Milliarden Franken – das entspricht etwa dem Kauf von 135 Gripen-Kampfjets. Den grössten Teil der Entschädigungen müssten Kantone und Gemeinden berappen. Denn ihnen gehören die meisten der nicht lärmsanierten Strassen.
Stützen können sich Kläger auf die Bundesverfassung. Diese verpflichtet den Bund, die Bevölkerung vor schädlichen Einwirkungen zu schützen.
Revision des Umweltschutzgesetzes
Um die drohenden 19-Milliarden-Franken-Klagen abzuwenden, plant der Bund nun einen Systemwechsel. Neu sollen Liegenschaftsbesitzer automatisch Geld bekommen – von Bund, Kantonen und Gemeinden. Von den jährlich wiederkehrenden Zahlungen sollen jene profitieren, deren Haus an zu lauten Strassen oder Schienen liegt. Lärmklagen wären dann aber nicht mehr möglich.
Für Bafu-Vizedirektor Gérard Poffet hat diese sogenannte Lärmausgleichs-Norm (LAN) gegenüber dem bestehenden System (ENA) mehrere Vorteile: «Mit dem neuen System wollen wir eine Sicherheit einbringen, wie eine Versicherung. Wir bezahlen jedes Jahr eine kleine Summe statt eine grosse Summe, welche das Gericht festlegt. Dieses System ist für die Strassenbesitzer viel berechenbarer.»
Doch auch dieser Systemwechsel ist teuer. Der Bund rechnet mit Kosten von über 370 Millionen Franken. Und das jährlich. Die meisten Lärmzahlungen an Liegenschaftsbesitzer müssten Kantone und Gemeinden entrichten (genaue Zahlen siehe unten in der CH-Karte).
Der geplante Systemwechsel dürfte alles andere als lautlos über die Bühnen gehen. Bereits im Frühling soll sich der Bundesrat mit dem heiklen Dossier befassen.
Lärm-Entschädigungszahlungen nach Kantonen: