- Swisscom-Kunden, deren Vertrag über ihr Geschäft läuft, können ab dem 29. Juni keine Mehrwertdienste mehr nutzen.
- Dazu zählen auch 0900er-Nummern, die Spitäler oder ärztliche Notfalldienste benutzen.
- Grund für die Sperrung ist ein Bundesgerichtsurteil, das Mehrwertdienste der Swisscom dem Geldwäschereigesetz unterstellt.
- Das Urteil betrifft zunächst Swisscom-Kunden, doch auch Sunrise und Salt bestätigen, dass sie mit der Finanzmarktaufsicht Finma diesbezüglich in Kontakt stehen.
Swisscom-Kunden sind per SMS informiert worden, dass sich das Unternehmen gezwungen sehe, «ab dem 29. Juni 2020 die Nutzung von Mehrwertdiensten über geschäftliche Mobile-Anschlüsse generell zu sperren.» Zu Mehrwertdiensten zählen zum Beispiel der Nachtzuschlag per SMS oder kostenpflichtige 0900er-Nummern.
Medphone mit Übergangslösung
Medphone wickelt nicht-lebensgefährliche Notfälle in den Kantonen Bern und Luzern über eine kostenpflichtige 0900er-Nummer ab. Dass diese ab dem 29. Juni für betroffene Swisscom-Kunden nicht mehr erreichbar ist, sei «unglaublich», so Geschäftsführerin Daniela Schudel gegenüber «Espresso». Sie kritisiert, dass die Swisscom sie sehr kurzfristig informiert habe. Man habe nun eine Übergangslösung erarbeitet. Wer betroffen sei, könne sich über das Kontaktformular bei Medphone melden, und man stelle dann die Lösung individuell zur Verfügung.
An solchen Diensten verdient die Swisscom viel Geld. Deshalb hat sie sich mit Händen und Füssen dagegen gewehrt, dass die Dienste unter das Geldwäschereigesetz fallen.
2018 fällte das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil gegen die Swisscom, das Bundesgericht bestätigte dieses im März 2020. Die Swisscom erhielt daraufhin eine Frist von drei Monaten, um das Gesetz umzusetzen.
Für Privatkunden ändert sich nicht viel: Sie können pro Jahr 5000 Franken in Mehrwertdienste investieren, ab diesem Betrag werden die Dienste gesperrt. Für Angestellte, die ihr Swisscom-Handy-Abo über den Arbeitgeber laufen lassen, werden die Dienste jedoch komplett gesperrt. Dies, weil es nur einen Vertragspartner gibt: den Arbeitgeber. Und die Limite von 5000 Franken gilt pro Vertragspartner.
«Grosskunden haben viele Anschlüsse», sagt Annina Merk von der Swisscom im Konsumentenmagazin «Espresso». «Diese erreichen die Limite zum Teil innert zwei Tagen.» Es sei aus systemtechnischen Gründen nichts anderes möglich, als die Sperrung von Mehrwertdiensten.
Das Kinderspital Zürich hat keine kurzfristige Lösung
Dies bedeutet, dass Geschäftskunden keinen Nachtzuschlag für den Zug per SMS mehr lösen und auch keine 0900er-Nummern mehr wählen können. Dazu zählen viele medizinische Nummern, zum Beispiel Notfallnummern von Spitälern. Auch das Beratungstelefon des Kinderspitals Zürich ist betroffen. Spitaldirektor Markus Malagoli ist verärgert und hat bei der Swisscom interveniert. Man plane sowieso, das System umzustellen, doch das sei innert dieser kurzen Frist nicht machbar.
Ihnen seien jedoch die Hände gebunden, beteuert Swisscom-Sprecherin Annina Merk. Zwar prüfe man Lösungen, aktuell gebe es jedoch keine Alternative zur Sperrung der Mehrwertdienste, inklusive der 0900er-Nummern. Anbieter solcher Nummern müssten einen anderen Weg finden, ihre Dienstleistung per Telefon anzubieten.
Privater Handy-Vertrag als einzige Lösung
So wie dem Kinderspital Zürich dürfte es vielen Anbietern gehen. Ihre Nummern sind ab dem 29. Juni für tausende Swisscom-Kunden nicht mehr erreichbar.
Für betroffene Kunden weiterhin verfügbar sind lediglich die offiziellen Notrufnummern wie 144. Um 0900er-Nummer anrufen zu können, müssen sie sich aus dem Firmenvertrag lösen, einen zusätzlichen, privaten Handy-Vertrag abschliessen oder den privaten Festnetzanschluss nutzen.