Kein anderes Thema hat in den letzten Monaten so viel Bewegung in die Politik gebracht, wie das Klima. Das hat die jüngste Session in Bern gezeigt. Das haben aber vor allem die Zürcher Parlaments- und Regierungswahlen gezeigt, die im letzten Frühling stattfanden. Auch bei der Wahl in den Nationalrat spielt das Klima eine Rolle, da sind sich alle Beobachter einig, aber die Veränderungen werden weniger drastisch sein, als bei den Wahlen im Kanton Zürich vor einem halben Jahr.
Die bürgerlichen Parteien haben sich gefangen
Da ist zum Beispiel die SVP, die grosse Verliererin der Zürcher Wahlen. Sie muss sich auch dieses Mal auf Verluste einstellen, aber sie werden weniger dramatisch sein als noch vor einem halben Jahr. Das hat einerseits mit Roger Köppel zu tun, der unentwegt durch alle Zürcher Gemeinden tourt. Und es hat mit einem neuen Tonfall zu tun. Zwar spricht die SVP immer noch von «Klimahysterie», aber sie legt den Finger nun vor allem auf den wunden Punkt der Folgekosten und weist auf das Benzin zum Beispiel, welches teurer wird. Damit kann die SVP ihre Basis, welche bei den Zürcher Wahlen vermehrt zu Hause geblieben ist, wieder zur Urne bringen.
Auch die FDP bewegt sich auf stabil-labilem Niveau. Ihr Aushängeschild und Ständeratskandidat Ruedi Noser hat die Partei rechtzeitig auf Ökokurs gebracht. Ob diese Kurskorrektur glaubwürdig durchgezogen werden kann, wird die nächste Legislatur zeigen. Kurzfristig dürfte die Rechnung der FDP aufgehen und einige ökologisch denkende Liberale werden eben nicht zu den Grünliberalen abwandern.
Grüne und Grünliberale werden zulegen – die Frage ist nur um wieviel
Die GLP und die Grünen dürfen sich auf Sitzgewinne freuen. Das hat eben nicht nur mit der Klimafrage zu tun, sondern auch mit zwei weiteren Trends, die bei den Zürcher Wahlen deutlich geworden sind. Das Zürcher Kantonsparlament wurde nicht nur grüner, sondern auch weiblicher und jünger. Die Grünen und die GLP vereinigen mit ihren Aushängeschildern und Ständeratskandidatinnen, Marionna Schlatter und Tiana Moser, diese beiden Trends in Personalunion. Sie werden auch von einer hohen Wahlbeteiligung profitieren, die erwartet wird.
Im Schatten dieser beiden Parteien steht die SP. Die SP ist zwar nicht nur rot, sondern auch grün. Doch in Klimafragen wählen die Stimmberechtigten eher die Grünen und die GLP. Die SP muss sich deshalb auf einen Sitzverlust einstellen.
Verlieren und vielleicht ganz verschwinden werden die Mitteparteien. Allen voran die BDP. Deren Zürcher Vertreterin Rosmarie Quadranti ist zwar national bekannt. Aber ihr Sitz ist stark gefährdet, genauso wie der zweite Sitz der CVP. Deren Parteipräsidentin und Ständeratskandidatin Nicole Barandun hat die Zürcher CVP stark bürgerlich ausgerichtet und ist zumindest in der Stadt Zürich von der Bildfläche verschwunden.
Grün, aber nicht links-grün
Was heisst das also für die 35-köpfige Zürcher Delegation im Nationalrat? Die Zürcherinnen und Zürcher werden eine grünere Delegation nach Bern schicken, das ist sicher. Aber erdrutschartige Veränderungen wie bei den Zürcher Wahlen sind nicht zu erwarten. Die Zürcher Nationalrätinnen und Nationalräte bleiben in der Mehrheit bürgerlich. Vor allem weil die GLP in der Finanz- und Sozialpolitik sich klar von links-grün absondert.