Worum geht es? Am 13. April wählt der Kanton Solothurn eine neue Regierung. Schon wieder. Weil beim ersten Wahlgang am 9. März keine Kandidatin und kein Kandidat das Absolute Mehr erreichte, müssen alle in den zweiten Wahlgang. Anders als beim ersten ist das absolute Mehr nicht mehr nötig. Gewählt sind am Schluss die fünf Kandidierenden mit den meisten Stimmen.
Wer tritt nochmals an? Alle acht Kandidierenden des ersten Wahlgangs, also: Sandra Kolly (Mitte, bisher) Susanne Schaffner (SP, bisher), Peter Hodel (FDP, bisher), Sibylle Jeker (SVP, neu) Mathias Stricker (SP, neu) Edgar Kupper (Mitte, neu), Marco Lupi (FDP, neu) und Daniel Urech (Grüne, neu). Oft ist es so, dass sich Kandidierende auf den hinteren Rängen nicht mehr für einen zweiten Wahlgang aufstellen lassen, doch da eben noch alle fünf Sitze frei sind, haben sich alle entscheiden, nochmals anzutreten. Dazu kommt, dass die Differenzen eher gering sind. Selbst dem letztplatzierten Daniel Urech fehlen lediglich 2315 Stimmen auf den 5. Platz – der einen Sitz in der Regierung bedeuten würde.
Wer ist Favorit? Aufgrund der Reihenfolge und der Anzahl Stimmen nach dem ersten Wahlgang können die drei Bisherigen und die neu kandidierende Sybille Jeker von der SVP wohl am ehesten als Favoriten gezählt werden.
Können sich die Resultate noch ändern? Ja. Viele parteinahe Solothurner Wählerinnen und Wähler haben im ersten Wahlgang lediglich ihre eigenen Kandidaten gewählt und mehrere Linien leer gelassen. Viele haben also taktisch gewählt. Daher wurde das Absolute Mehr auch von allen Kandidierenden verpasst. Dass im zweiten Wahlgang wieder so viele Linien offen blieben werden, scheint eher unwahrscheinlich. Daher könnte sich eine neue Dynamik entwickeln. Es stellt sich vermehrt die Frage: Welche Kandidierenden können über Ihre Parteigrenzen hinaus Stimmen erhalten? Beim zweiten Wahlgang ist zudem die Mobilisierung immer ein besonders wichtiger Faktor. Die Wahlbeteiligung war bereits beim ersten Wahlgang mit knapp 35.5 Prozent sehr tief, in zweiten Wahlgängen ist sie empirisch noch tiefer.
Welche Wahl wäre historisch? Diejenige von SVP-Kandidatin Sybille Jeker. Seit 2001 versucht die Solothurner SVP alle 4 Jahre den Sprung in die Regierung zu schaffen. Doch bis jetzt ohne Erfolg. Sie ist in der Vergangenheit zum Beispiel mit dem bekannten SVP-Nationalrat Roland Borer gescheitert (2005), eine Fünferkandidatur (2009) blieb ebenso chancenlos wie der letzte Angriff mit dem besonnen Grenchner Politiker Richard Aschberger (2021). Sybille Jeker wäre die erste Solothurner SVP-Vertretung im Regierungsrat.
Wurde schon einmal niemand gewählt im ersten Wahlgang? Ja. Zuletzt 1997. Im Nachgang zur Solothurner Kantonalbankaffäre. Die Solothurner Kantonalbank musste Anfang 1994 zum allgemeinen Erstaunen bekannt geben, dass sie überschuldet sei, und daher saniert werden müsse. Im Dezember 1994 entschied sich die Bevölkerung an der Urne dazu, die Kantonalbank zu verkaufen. Eine Sanierung hätte die öffentliche Hand angeblich über 1 Milliarde Franken gekostet, durch den Verkauf konnte der Schaden auf rund 400 Millionen eingegrenzt werden. Dass 1997 alle Kandidierenden in den 2. Wahlgang mussten, wurde auch als Quittung für die Kantonalbankaffäre gewertet.