SRF News: Die EU ist bereit, Grossbritannien entgegenzukommen, bietet eine Schutzklausel an im Bereich der Personenfreizügigkeit. Sind das gute Nachrichten für die Schweiz?
Didier Burkhalter: Teilweise. Das ist gut, in dem Sinne, dass dies zeigt, dass EU-Rat und EU-Kommission eigentlich bereit wären für pragmatische Lösungen im Bereich der Personenfreizügigkeit und auch im Bereich der Schutzklausel. Aber nur teilweise, weil das nicht dieselbe Problematik ist. Bei Grossbritannien handelt es sich um ein EU-Mitgliedstaat. Wir sind kein Mitgliedstaat.
Sozialleistungen für Migranten sind nicht dieselbe Problematik.
Und es handelt sich um eine Problematik der Sozialleistungen für Migranten in Grossbritannien und der EU. Wir haben eine andere Verfassung und ein anderes Problem; das der Kontingente, der quantitativen Massnahmen gegen Einwanderung.
Bisher hatte man vorübergehende Schutzklauseln. Das ist kein neues Instrument. Neu ist, dass die EU jetzt eine Klausel auf Dauer erlaubt. Immerhin, oder?
Eben, das Positive an diesem Entscheid von heute Morgen, ist, das er zeigt, dass man sich jetzt anpasst an die Realitäten in Europa. Man sucht Lösungen, auch für andere Mitgliedstaaten, nicht nur für Grossbritannien. Wir möchten das ganz klar auch für die Schweiz. Aber das heisst nicht, dass die Lösung, die jetzt für Grossbritannien in Aussicht gestellt wird, wirklich auch eine Lösung für die Schweiz wäre. Das ist etwas anderes; wir sind nicht in derselben Situation.
Wie wollen Sie die EU überzeugen? Welche Kriterien soll sie für die Schweiz anwenden?
Wir wollen, dass die EU das versteht: Es gibt ein gemeinsames Interesse, eine Lösung mit der Schweiz zu finden. Es gibt eine Win-win-Situation, wenn wir uns für eine einvernehmliche Schutzklausel entscheiden.
Man hat gehört, dass die Gespräche mit der Schweiz blockiert gewesen seien, weil man zuerst mit London eine Lösung finden wolle. Jetzt liegt eine solche auf dem Tisch. Heisst das, jetzt können die Gespräche weitergehen?
Es ist sicher ein gutes Zeichen, dass es sich bewegt. Solange es in der britischen Debatte nicht vorwärts geht, hat es schon einige Nachteile für unsere Diskussionen mit der EU. Aber nochmals: Diese britische Debatte ist noch im Gang. Es folgt noch die innere britische Debatte, die Entscheidung und die Volksabstimmung im Land.
Das Gespräch führte Philipp Burkhart.