Die Behandlung von schwer Brandverletzten ist trotz aller medizinischer Fortschritte bis heute extrem herausfordernd und je nach Schwere der Verletzung immer auch ein Abwägen. «Heute stellt sich in der Intensivmedizin weniger die Frage, was noch möglich, als vielmehr, was noch sinnvoll ist», sagt Peter Steiger, der als Arzt die drei chirurgischen Intensivstationen des Universitätsspitals Zürich leitet – darunter auch die für Brandverletzte. Neun Hauptprobleme stellen sich bei jedem brandverletzten Patienten, neben den vielen individuellen, die jeder Patient mit sich bringt:
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Bild 1 von 9. Herausforderung 1: Flüssigkeitsverlust. Über verbrannte Hautflächen gehen bis zu zehn Liter Flüssigkeit pro Tag verloren. Dieser Verlust muss sofort durch Infusionen ausgeglichen werden. Weil lediglich Blutplasma austritt, bleiben die festen Blutbestandteile zurück. Das Blut dickt ein und fliesst langsamer, die Sauerstoffversorgung wird schlechter. Die Folge: Kreislaufversagen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 9. Herausforderung 2: Verbrennungsursache. Vor allem bei Brandverletzungen durch Strom oder Chemikalien sind neben der gesamten Hautstruktur auch Muskeln, Sehnen und sogar Knochen stark angegriffen, möglicherweise auch zerstört. Strom verbrennt den Körper auch von innen, fliesst durch die Knochen und richtet grosse innere Schäden an. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 9. Herausforderung 3: Ausmass der Verletzung bestimmen. Für drohende Komplikationen, aber auch für Infusionen oder Nahrung ist die Fläche der Verbrennung massgeblich. Ein Prozent der Körperoberfläche (KOF) entspricht dabei der Handfläche des Patienten. Beim Erwachsenen gilt: 9 % = ganzer Kopf, 36 % = ganzer Rumpf, je 9 % = Arme, 2 % = Genitalien, je 9 % = Ober- und Unterschenkel. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Herausforderung 4: Organversagen. Kommt es zur Verbrennungskrankheit, lagert der Körper überall Flüssigkeit ein. Die Blutgerinnung ist gesteigert, das Immunsystem dagegen unterdrückt. Organe können Schaden nehmen, weil giftige Abbaustoffe der toten Hautzellen ins Blut gelangen – je stärker die Verbrennungen, desto gravierender auch die Belastung für Nieren, Leber, Herz und Lunge. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 9. Herausforderung 5: Wundheilung. Grossflächige schwere Brandverletzungen heilen nicht mehr von allein, denn die Gefässversorgung ist reduziert. Deshalb muss abgestorbenes Gewebe unbedingt entfernt werden, um einerseits die Infektions- und Entzündungsgefahren einzudämmen. Andererseits kann nur dann Haut transplantiert werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 9. Herausforderung 6: Der Verbandswechsel. Verbandswechsel bei grossflächigen Brandwunden sind vor allem am Anfang Schwerarbeit, die Stunden dauern kann. Dazu muss es im Raum warm sein, möglichst zwischen 35 und 40 Grad, damit der Patient nicht auskühlt, dazu ist eine hohe Luftfeuchtigkeit vorteilhaft. Am Anfang finden die Wechsel unter Narkose statt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 9. Herausforderung 7: Die Ernährung. Ein brandverletzter Körper arbeitet auf Hochtouren. Es ist nicht leicht, ihm ausreichend Kalorien zuzuführen. In der Reparationsphase ab der zweiten oder dritten Woche braucht der Körper 80 bis 100 Prozent mehr Energie, aber auch Sauerstoff als normal. Das lässt sich nur mit einer Kalorienaufnahme zwischen 3800 bis 4500 kcal/Tag decken. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 9. Herausforderung 8: Beweglichkeit. Patienten müssen früh beginnen, Gelenke zu bewegen, denn sonst wird ihnen die neue Haut zum unflexiblen Korsett. Es ist eine Gradwanderung zwischen Dehnung und Überdehnung der fragilen Narbenhaut und wird die Patienten lebenslang begleiten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 9. Herausforderung 9: Hautpflege. Transplantierte Haut bildet zwar einen Schutz vor äusseren Einflüssen - sie hat aber keine Schweiss- und Talgdrüsen und Haarfollikel. Deshalb muss man sie ständig fetten, damit sie nicht austrocknet, und darauf achten, den Körper nicht zu überhitzen. Bildquelle: Keystone.
- Die Haut ist ein gigantisches Organ, bis zu zwei Quadratmeter gross, bis zu fünf Kilo schwer.
- Ihre bedeutsamste Aufgabe: der Schutz, vor Überhitzung ebenso wie vor krankmachenden Eindringlingen.
- Bei Brandverletzungen wiegen auch die sekundären Folgen wie Organschäden schwer. Diese bekommt erst die moderne Medizin in den Griff. Noch 1940 waren Verbrennungen von 30 Prozent der Körperoberfläche ein Todesurteil.
- Heute können auch Unfallopfer mit Verbrennungen der Körperoberfläche von 80 Prozent oder mehr überleben.
Lesen Sie hier das Porträt des 30-jährigen Philipp Bosshard, der trotz Verbrennungen von 88 Prozent der Körperoberfläche und einem Sterberisiko von 90 Prozent überlebte.
Menschen und Horizonte, SRF1, 24.1.17