Die Schweiz, eine Seilbahn-Nation – 2450 Seilbahn- und Skiliftanlagen sind aktuell in Betrieb. Ein Grossteil davon sind Schlepplifte oder Förderbänder. Doch auch der Personentransport ist nicht unbedeutend.
Mit dem Bau der Eisenbahnlinien kam Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend der Wunsch auf, Berge nicht mehr nur mit Maultieren und Sänften zu überwinden. Pioniergeist war gefragt. Und den gibt es in der Schweiz bis heute reichlich. So erfanden die Schweizer die erste Seilschwebebahn in Europa, nennen die steilste Standseilbahn überhaupt ihr Eigen und eröffneten die weltweit erste Seilbahn mit offenem Oberdeck.
1866, Neuhausen am Rheinfall: Erste Personenseilbahn
Ohne es zu wissen, schrieben zwei Angestellte der Wasserwerke Schaffhausen Verkehrsgeschichte: Sie bestiegen die erste eindeutig nachweisbare Seilschwebebahn, um zur Arbeit über den Rhein zu kommen. Die Turbinenstation befand sich mitten im Fluss und war nicht anders zu erreichen. In Europa war es die erste Seilbahn dieser Art, vielleicht sogar die erste der Welt.
1877, Lausanne: Erste Standseilbahn der Schweiz
Die Schweiz erhielt ihr erstes innerstädtisches Transportsystem in Form einer Drahtseilbahn. Die Anlage verbindet das Zentrum von Lausanne mit dem Stadtteil Ouchy am Ufer des Genfersees. 1958 wurde sie in eine Zahnradbahn umgebaut, heute ist sie Bestandteil der Lausanner Metro.
1879, Giessbachbahn im Berner Oberland: Erste rein touristische Seilbahn
Das Hotel Giessbach thront wie ein Märchenschloss aus der Belle Epoque über dem Brienzersee. Um die Hotelgäste zum Hotel zu chauffieren, erfand Bergbahnpionier Roman Abt die erste rein touristische Seilbahnanlage der Schweiz. Sie ist heute noch in Betrieb.
Einzigartig war damals vor allem, dass bei der Bahn eine eingleisige Strecke mit einer automatischen Kreuzungsstelle zur Anwendung kam. Sie war damals die erste Bahn, die mit Wasserballast angetrieben wurde. Seit 1948 läuft sie elektrisch.
1908, Wetterhornbahn bei Grindelwald: Erste öffentliche Personen-Luftseilbahn
Ab in die Luft: Mit der Wetterhornbahn setzte die Schweiz den Grundstein für die Entwicklung der Luftseilbahn – weltweit. Ihr Vater war zwar kein Schweizer, sondern der Kölner Wilhem Feldmann. Bereits 1914 wurde die Bahn kriegsbedingt wieder eingestellt. Die Fahrten wurden nie mehr aufgenommen. 1934 wurde der Lift demontiert. Immerhin: Im Verkehrshaus Luzern steht heute eine der beiden Kabinen.
1926, Gelmerbahn, Haslital: Mit 106 Prozent die steilste Standseilbahn Europas
Früher eine Werkbahn für den Bau einer Staumauer, erfreut sich die Gelmerbahn heute als Personenbahn grosser Beliebtheit. Mit 106 Prozent Steigung bietet sie Nervenkitzel pur. Die US-Facebookseite «Culture Trip» fand kürzlich, die Panorama-Bahn sei «the most scenic roller coaster» und «die einzige Art, die Schweiz du erleben». Im Dezember 2017 wird der Rekord abgelöst: Dann eröffnet die Stoosbahn mit 110 Prozent Steigung.
1934, Davos: Der erste Bügellift der Welt
«Ufschlüsse, Kollege, ufschlüsse!», hiess es in den Dreissigerjahren auf dem Übungsgelände Bolgen in Davos. Der Skisport wurde massentauglich, die Leute wollten «z'Berg», Ski- und Sessellifte erlebten einen Boom. Der erste Skilift überhaupt stand 37 Jahre im Einsatz, bis er durch eine neue Anlage ersetzt wurde. In der gleichen Zeit wurde für den Skifahrer-Transport auch sogenannte Funi-Schlitten erfunden, eine Art Standseilbahn auf Kufen.
1995, Doppelstockbahn Samnaun: Erster «Twinliner»
Mit dem Zweiten Weltkrieg fand der Seilbahnbau ein jähes Ende. Wieder von der Wirtschaftskrise erholt, erlebten besonders die Sessel- und Gondelbahnen bis in die 1970er-Jahre Hochkonjunktur. 1995 kam die nächste Weltneuheit: In Samnaun wurde der erste «Twinliner» mit doppelstöckigen Kabinen in Betrieb genommen. Mit einer Kapazität von 180 Personen hält er den Schweizer Rekord.
2001, «Fun'ambule», Neuenburg: Eine neue innerstädtische Standseilbahn
Während bis zur Jahrtausendwende rotierende Gondeln, Windschutzhauben und komfortable Achtersessel erfunden wurden, kam mit der Fun'ambule endlich wieder eine innerstädtische Standseilbahn dazu. Die Bahn wurde im Hinblick auf die Expo 2002 gebaut, hat eine Förderleistung von 3000 Personen pro Stunde und verkehrt unbedient und ferngesteuert.
2012, Stanserhorn: Mit der «CabriO-Bahn» wird Seilbahngeschichte geschrieben
Wieder eine Weltpremiere: Zum ersten Mal gleitet eine oben offene, doppelstöckige Seilbahnkabine am Stanserhorn den Berg hinauf. Das Panorama-Deck auf der «CabriO-Bahn» hat Platz für mehr als 30 Personen.
2014: Urdenbahn, Arosa/Lenzerheide: Die schnellste Seilbahn der Schweiz
Ein futuristisches Projekt und zugleich die schnellste Pendelbahn der Schweiz ist die Urdenbahn. Mit einer Geschwindigkeit von 12 Metern pro Sekunde schwebt die stützenfreie Luftseilbahn durch die Höhen und verbindet so die beiden benachbarten Skigebiete Arosa und Lenzerheide.