Brigit Wyss weiss aus Erfahrung, wie man sich als Kandidatin für den Regierungsrat fühlt. Bereits bei den Wahlen vor vier Jahren trat sie für die Grünen an, und landete im ersten Wahlgang auf dem vierten Platz. Im zweiten Durchgang unterlag sie den beiden bürgerlichen Kandidaten.
Nun nimmt die 57-Jährige Stadtsolothurnerin den zweiten Anlauf für den Sprung in die Kantonsregierung. An politischer Erfahrung fehlt es Brigit Wyss nicht. Seit 14 Jahren sitzt sie im Solothurner Gemeinderat und seit insgesamt acht Jahren im Kantonsrat. Für eine Legislatur vertrat sie die Solothurner Grünen zudem im Nationalrat.
Schreinerin, Psychiatrieschwester, Juristin, und nun Regierungsrätin?
So vielfältig wie ihre politische Laufbahn präsentiert sich auch ihre berufliche Karriere. Nach der Berufslehre zur Schreinerin absolvierte sie eine Ausbildung zur Psychiatrieschwester, holte die Matur nach und studierte Jura an der Universität Bern. Heute arbeitet sie als Projektleiterin Umwelt- und Tierrecht für die Fondation Franz Weber in Bern.
Die Solothurnerin wohnt an der Aare, hat zwei erwachsene Kinder und liebt die Solothurner Vorstadt, sagt sie in einem kurzen Steckbrief über sich selbst. Sie sei eine Fasnächtlerin. Aus Zeitgründen sei sie aber nicht mehr voll involviert.
Scheitern bedeutet nicht, dass man es nicht nochmals probiert.
Brigit Wyss hat viele Interessen und eine breite berufliche Erfahrung. Stellt sich die Frage, weshalb sie nun nochmals zur Wahl antritt. «Scheitern bedeutet nicht, dass man es nicht nochmals probiert», sagt Wyss im Gespräch. Sie müsse nicht antreten, sie sei angefragt worden und habe Lust auf das Amt. Das Alter stimme, die Erfahrungen auch, alleine der Wahlkampf sei ein Highlight, findet die grüne Politikerin.
Jamaika-Regierung für Solothurn?
Vor einigen Tagen wurde in der «Solothurner Zeitung» ein anonymes Inserat veröffentlicht. Darin wurde zur Wahl der Grünen Wyss aufgerufen, zusammen mit den beiden Vertretern der FDP (gelb) und jener der CVP (schwarz) - eine Regierung ohne SP, SVP oder GLP. Diese schwarz-gelb-grüne Zusammensetzung wäre eine Regierung «ohne ideologisch verbohrte Politik», so die Vorstellung.
Angesprochen auf diese Wahlempfehlung sagt Wyss, sie könne sich nicht erklären aus welcher Ecke das komme. Es könnten Einzelpersonen sein, vermutet sie. Die Grünen hätten damit nichts zu tun. Sie distanziere sich von diesem Inserat, sagt sie vehement. Eine CVP-FDP-Grünen-Regierung bevorzuge sie zwar nicht, das Volk entscheide aber über die Zusammensetzung.
Ich bin pragmatischer als andere Grüne.
In der Solothurner Regierung werden voraussichtlich das Innendepartement und das Volkswirtschaftsdepartement frei, wenn die drei Bisherigen wiedergewählt werden und ihre Ressorts behalten. Sie könnte sich beide Departemente vorstellen, sagt Brigit Wyss im Interview mit SRF. «Ich könnte einen solchen Laden managen.» Sie habe es sich gut überlegt und sei offen für beide Herausforderungen. Sie sei überzeugt, eine gute Solothurner Regierungsrätin zu werden, findet Wyss.
Sie könne mit allen reden, sei nach allen Seiten offen, beschreibt sich Brigit Wyss in ihrem Wahlprospekt. «Ich bin innerhalb der Partei in der Mitte zu verorten.» Sie sei pragmatischer als andere Grüne. Das würde bei der Aufgabe helfen, ein Departement zu führen. «Ich kann mit kleinen Schritten leben», sagt die Solothurnerin. Seit 20 Jahren macht sie Politik. Das habe sie gelehrt, dass man in einer kleinen Partei mit kleinen Schritten zufrieden sein müsse.
Zukunftsvision: Häuser, die selbst Energie produzieren
Stimmen holen will Wyss nicht nur im linken Wählerspektrum. Zum Wahlerfolg braucht es auch die Unterstützung von Bürgerlichen und aus der Mitte. Diese Unterstützung sei da, so die Grüne.
Punkten will sie unter anderem mit klassischen «grünen Themen» wie Umweltschutz oder Energie. Hier ist ihre Haltung klar. Die Energiestrategie sei weit mehr als Strom sparen, findet Wyss. Man müsse zwingend auch die Sanierung der Gebäude angehen. Das bringe auch dem lokalen Gewerbe etwas.
Hier müsse man auch im Kanton Solothurn noch zulegen, findet Wyss. Zwingen müsse man die Hausbesitzer nicht, aber man müsse sie aufklären. Ihr schweben langfristig Häuser vor, die «energieneutral» sind oder gar noch Energie produzieren. Diese Vision sei realisierbar.
Brigit Wyss kämpft unter anderem auch gegen die Pistenverlängerung des Flughafens Grenchen. Die Schutzzone rund um den Flughafen sei gefährdet, findet sie. «Die Wirtschaft braucht den Flughafen, aber eben nicht die ganze Wirtschaft», da müsse man unterscheiden. Sie würde sich wieder stark machen für den Naturschutz in diesem Fall.
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr)