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Sommer und Herbst 1918 Hände waschen, Schulen schliessen schon damals

Während der Spanischen Grippe beschlossen die Basler Behörden ähnliche Massnahmen wie heute.

Die Spanische Grippe kommt 1918 in zwei Wellen in der Region Basel. Die erste Welle beginnt Ende Juni. Ein genaues Datum festzumachen, ist schwierig, weil die Öffentlichkeit der Krankheit zunächst noch wenig Aufmerksamkeit schenkt. Spätestens Mitte Juli realisieren die Behörden jedoch, dass es sich um einen grösseren Grippeausbruch handelte.

Die zweite Grippewelle kam dann im Spätherbst 1918. In der Region Basel war die zweite Welle deutlich stärker. «Es gab viel mehr Erkrankungen und massiv mehr Tote», sagt Historiker Andreas Tscherrig, der zur Spanischen Grippe in der Region Basel publiziert hat. Rund 50'000 Menschen erkrankten während der Spanischen Grippe. Es starben in den beiden Basel nach offiziellen Zahlen rund 1200 Menschen.

Vor allem jüngere Menschen starben

Die Menschen, die krank wurden, hatten die typischen Grippesymptome: Fieber, Husten, manchmal Lungenentzündungen. In den Todesanzeigen damals stand häufig, dass es sich um eine kurze, schwere Krankheit gehandelt habe. Anders als heute bei der Coronakrise starben vor allem jüngere Menschen. 60 Prozent der Todesopfer in der Region Basel seien zwischen 20 und 40 Jahre alt gewesen, sagt Andreas Tscherrig. Warum vor allem jüngere Menschen der Grippe zum Opfer fielen, darüber sei sich die Wissenschaft nicht einig.

Interessant ist, dass die Behörden damals das Virus ähnlich zu bekämpfen versuchten wie heute die Corona-Pandemie. Sie hängten Plakate auf mit Hygieneregeln. «Die Leute wurden aufgefordert, sich die Hände zu waschen, nicht auf den Boden zu spucken, sich beim Niesen ein Taschentuch vor den Mund zu halten», sagt Andreas Tscherrig.

Versammlungsverbote im Baselbiet

Eine weitere Parallele zu heute sind Versammlungsverbote. Die ersten solchen Verbote kamen aufgrund eines Erlasses des Bundesrats im Juli 1918 - also schon rasch nach Ausbruch der ersten Grippewelle. Im Baselbiet setzte man dies auch um. Im Stadtkanton dagegen verzichtete die Regierung auf Versammlungsverbote. Sie befürchtete wirtschaftliche Schäden, weshalb sie sich dagegen aussprach.

Es sei schwierig zu beurteilen, was die Versammlungsverbote gebracht haben, sagt Historiker Tscherrig. Aber man wisse, dass Massenveranstaltungen zu einem Anstieg der Infektionen geführt haben. In der Region Basel beobachte man dies nach dem Landesstreik.

Schulschliessungen waren umstritten

An die heutige Situation mit Corona erinnern auch die Schulschliessungen, die es 1918 gab. «Grippeferien» nannten die Behörden dies. Diese Massnahme war umstritten, weil die Schulschliessungen vor allem Arbeiterfamilien hart trafen. Sie waren teilweise darauf angewiesen, dass ihre Kinder in der Schule verpflegt wurden und sich in geheizten Räumen aufhalten konnten. Kritiker der Schulschliessungen befürchteten eine sittliche Verwahrlosung der Kinder.

Das Gesundheitswesen war auch während der Spanischen Grippe am Anschlag. Die Behörden bauten die Kapazitäten der Spitäler aus. Es wurden Grippespitäler eingerichtet - beispielsweise in der Kaserne Liestal, in diversen Gemeindeschulhäusern und im Basler Isaak-Iselin-Schulhaus.

Blindflug bei der Suche nach einer Impfung

Medizinisch gesehen ist man heute natürlich ein grosses Stück weiter als damals: 1918 gab es noch keine Antibiotika, keine Impfungen und vor allem kannte man den Erreger nicht. Die Erkenntnis, dass es sich um ein Virus handelte, kam erst einige Zeit später. Daher war die Suche nach einem Impfstoff ein Blindflug.

Regionaljournal Basel, 08.04.2020, 12:30 Uhr

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