«Freispruch trotz Geständnis» titelte die «Solothurner Zeitung» Anfang Jahr. Ein geständiger Konsument von Kinderpornografie kam straflos davon, die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren gefordert. Der Grund für den Freispruch: Dem Beschuldigten stand nicht ab der ersten Befragung ein Anwalt zur Seite. Auch von weiteren Fehlern der Staatsanwaltschaft berichtete die Zeitung.
Begehen die Solothurner Staatsanwälte in letzter Zeit tatsächlich mehr Fehler? Nein, findet Oberstaatsanwalt Hansjürg Brodbeck. Es gebe keine auffällige Häufung. Natürlich sei der erwähnte Fall aber ärgerlich.
Kein Verteidiger auf Vorrat
Das Gesetz schreibt vor, dass zwingend ein Anwalt beigezogen werden muss, wenn einem Beschuldigten eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht. Diese Abschätzung sei für seine Mitarbeitenden in einer frühen Phase eines Verfahrens sehr schwierig, so Brodbeck. Ein «Anwalt zur Absicherung» in unklaren Fällen werde nicht bestellt. Dies wäre ein unerlaubter Eingriff in die persönliche Freiheit.
Einen möglichen Grund für Fehler ortet der Oberstaatsanwalt in der stetig steigenden Anzahl Fälle, welche seine Mitarbeitenden zu bearbeiten haben. Obwohl 2017 bei der Staatsanwaltschaft im Solothurner Franziskanerhof mehr Fälle abgearbeitet wurden als im Vorjahr, stieg der Pendenzenberg weiter an. Dies, weil mit über 34'000 neuen Fällen wieder ein neuer Rekordwert erreicht wurde (siehe Box).
Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte seien überlastet, so Hansjürg Brodbeck. In absehbarer Zeit gibt es aber Unterstützung: Einige neue ordentliche und ausserordentliche Staatsanwälte wurden eingestellt. Diese sollen bei der Bewältigung der Pendenzen helfen. Oberstaatsanwalt Brodbeck will beim Kantonsrat aber weitere Ressourcen beantragen, um noch mehr Personal einstellen zu können.