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Start des Playoff-Finals «Die Jüngeren unter uns müssen ihr Geld gut einteilen»

Drei Spiele pro Woche, das geht eingefleischten Eishockey-Fans ans Portemonnaie. Aber auch an die Substanz. Davon kann Reto Graf ein Lied singen. Er ist Präsident des Zuger Fanclubs «der 7. Mann – Herti-Nordkurve».

SRF News: Der EV Zug steht nun zum ersten Mal seit Langem wieder einmal im Playoff-Final. Sind die Fans bereits euphorisch?

Reto Graf: Die Euphorie ist natürlich riesig. Alle fiebern darauf hin, dass der Final endlich los geht.

Die Playoffs sind ja nicht nur für die Mannschaft eine anstrengende Zeit, sondern auch für die Fans. Wie halten Sie das durch?

Ich würde mal sagen, das ist jahrelange Übung. Nein, im Ernst. Es ist streng, man muss darauf achten, dass man auch zu Erholung kommt. Aber dank der Euphorie steht man das gut durch. Da entwickelt man immer wieder neue Kräfte.

Der Fanclub

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«der 7. Mann - Herti-Nordkurve» entstand im Herbst 1998; im selben Jahr wurde der EV Zug das erste und bisher einzige Mal Schweizer Eishockey-Meister. Heute zählt der Club rund 25 Mitglieder.

Sie und Ihre Kollegen im Fanclub sind berufstätig. Wie regeln Sie das mit Ihren Arbeitgebern?

Ich habe den grossen Vorteil, dass ich nicht fixe Arbeitszeiten habe. Die Stunden, welche ich nun fehle, kann ich während des Sommers wieder aufholen. Andere müssen je nachdem Frei- oder Ferientage einziehen.

Ihr Hobby ist momentan auch teuer – mit wöchentlich drei Spielen. Kommen Sie in finanzelle Engpässe? Oder gibt es so etwas wie einen «Sozialfonds für bedürftige EV-Fans»?

Nein, das nicht. Aber es ist schon so, dass vor allem die Jüngeren unter uns ihr Geld gut einteilen müssen. Während den Playoffs bezahlt man schnell mal 60 Franken alleine für die Anfahrt und das Drumherum. Getränke und Essen nicht mitgerechnet. Entsprechend muss man halt in anderen Bereichen finanziell Abstriche machen.

Ich hoffe, mein Bart wächst noch lange weiter.

Apropos Abstriche. Haben Sie zuhause momentan mehr Streit, weil Sie weniger da sind?

Ich habe meine Frau zum Glück kennengelernt, als ich schon EVZ-Fan war. Sie wusste, worauf sie sich einlässt. Dennoch ist sie jeweils froh, wenn die Saison vorbei und ist und ich wieder mehr zuhause bin.

Je nachdem sind die Playoffs auch ästhetisch eine Herausforderung. Zumindest die Spieler lassen den Bart wachsen, so lange sie im Rennen bleiben. Wie ist das bei den Fans – sehen Sie aktuell auch eher struppig aus?

Ich selber schon. Aber es gibt einige, die können aus beruflichen Gründen den Bart nicht wachsen lassen.

Und wie lange ist Ihrer unterdessen?

So zwei bis drei Zentimeter sind’s mittlerweile schon. Und ich hoffe, er wächst noch lange weiter.

Wenn wir gewinnen, gehe ich nicht ins Bett, bevor’s wieder hell ist.

Wer wird denn nun die Playoffs gewinnen – der EV Zug oder der SC Bern?

Das halte ich seit Jahren gleich: Ich gebe keine Prognose ab. Aber ich hoffe natürlich, dass es zu unseren Gunsten ausgeht und rechne damit, dass die «best of seven Serie» nicht schon nach vier Spielen entschieden ist.

Wenn der Schweizer Meister dann mal gekürt ist – was tun Sie danach?

Wenn wir gewinnen, gehe ich sicher nicht ins Bett, bevor’s wieder hell ist. Andernfalls fahre ich nach Hause, versuche zu schlafen und mich zu erholen…

…und einen Psychologen aktivieren zur Trauma-Verarbeitung?

Nein, nein. Egal, ob wir nun als Sieger oder als Verlierer aus dieser Serie herausgehen: Es war ein Riesenerfolg für den EVZ und für uns. Da gab’s schon andere Jahre, in denen wir eher einen Psychologen gebraucht hätten.

Das Gespräch führte Miriam Eisner.

Einschätzung von SRF-Sportredaktor Marcel Melcher

Der EVZ hat bisher einen hoch-fokussierten Eindruck hinterlassen. Die Spieler sind motiviert, präsent und wach. Während der Spiele waren sie stets ab der ersten Minute mittendrin. Im Gegensatz zu anderen Mannschaften, die zum Teil büssen mussten für ihre Nachlässigkeit während der Saison. Ausserdem spielen die Zuger temporeich und harmonieren hervorragend.
Die Berner werden wahrscheinlich probieren, das Tempo der Zuger zu brechen und zu mauern. Andererseits wird Zug versuchen, seine Klasse, auf Tempo zu spielen, weiter zu forcieren. Die Finalspiele werden also sicherlich deutlich taktischer sein als sie es noch im Halbfinal waren.

Zug wird wohl den Schweizermeistertitel holen. Die Mannschaft hätte es nicht nur verdient, sondern sie ist auch «hungriger» als der amtierende Meister Bern. Für ihn wird es schwieriger sein, das Potenzial voll auszuschöpfen, das zeigt die Erfahrung. Ausserdem treten die Zuger geschlossener und verschworener als Team auf als der Gegner.

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