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Start-up MyFeld Kunden: «Wir haben bislang keine einzige Gemüsebox erhalten»

Kundinnen des jungen Gemüse-Start-Ups sind sauer. Dieses entschuldigt sich und verweist auf den verregneten Sommer.

Das Konzept der jungen Firma MyFeld schien interessant: Für rund 600 Franken im Jahr konnte man sich virtuell einen «Pflanzblätz» auf einem Feld reservieren und das Lieblingsgemüse auswählen, das dann die Anbieter für einen säen und ernten. Weit über 1000 Personen hatten sich angemeldet, als MyFeld im Frühling 2021 seine erste Saison startete.

Gar nichts statt «rund 17 Boxen»

Nach gut einem Jahr ist ein Teil der Kundschaft ernüchtert und frustriert. Sie habe bislang kein Gemüse bekommen, sagt eine Hörerin aus dem Kanton Aargau im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

Wir haben gerade mal drei Gemüseboxen erhalten – und erst noch mit teilweise verschimmeltem Gemüse.
Autor: Familie aus dem Kanton St. Gallen

Eine Familie aus dem Kanton St. Gallen berichtet, sie habe gerade mal drei Gemüseboxen erhalten – und erst noch mit teilweise verschimmeltem Gemüse. Versprochen worden waren «rund 17 Boxen».

Screenshot von Internetseite Myfeld
Legende: Myfeld hat ein interessantes Angebot, konnte seine Versprechen nicht halten. Screenshot myfeld.ch

Felder teilweise unter Wasser

Nun war 2021 für die Landwirtschaft ganz allgemein wegen des nassen Wetters ein miserables Jahr. Zeitweise kam es zu Überschwemmungen. Auch die Felder von MyFeld seien zum Teil unter Wasser gestanden. «Wir standen tagelang draussen, um das Wasser abzupumpen», sagt Firmengründer Raphaell Schär. «Einzelne Produkte» seien deshalb ausgefallen und man habe sich neu organisieren müssen, um das Jahr doch noch halbwegs zu retten.

«Espresso» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Funkstille und Geburtstags-Enttäuschung

Man habe die Kundinnen und Kunden aber über die Probleme informiert. Das stimmt zwar, sagen die «Espresso»-Hörerinnen. Als dann aber weiterhin nichts oder fast nichts an Gemüse gekommen sei, hätten sie MyFeld um eine Rückerstattung gebeten. Darauf habe Funkstille geherrscht.

Ärger auch bei einer Kundin aus dem Kanton Zürich. Diese wollte ihre Tochter zum Geburtstag mit einem MyFeld-Gutschein überraschen. Sie habe den Gutschein bestellt und nachweislich auch bezahlt. Doch von Seiten des Anbieters habe man ihr gesagt, das Geld sei nicht eingetroffen, deshalb könne man auch den Gutschein nicht liefern. Via den Online-Bezahldienst PayPal konnte diese Kundin dann immerhin ihr Geld zurückfordern.

In einzelnen Fällen und bei nachvollziehbaren Gründen stimme man einer Rückerstattung zu, sagt der Firmengründer. Auch bei den «Espresso»-Hörerinnen will er jetzt die Kosten ganz oder zu einem grossen Teil zurückzahlen.

Haftung in den AGB ausgeschlossen

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Auf juristischem Weg eine Rückerstattung zu erstreiten, dürfte in diesem Fall schwierig werden, sagt Vertragsrechtsexperte Frédéric Krauskopf von der Universität Bern auf Anfrage von «Espresso». Erstens sei in den allgemeinen Geschäftsbedingungen von «MyFeld» festgehalten, dass man für Ernteausfälle wegen höherer Gewalt (Wetter, Bodenbeschaffenheit etc.) nicht hafte. Und zweitens stehe bei diesem Angebot das Auftragsrecht, also die zu leistende Arbeit im Vordergrund.

Arbeiten wie Feld vorbereiten, aussäen, das Gemüse aufziehen, ernten und verpacken müssten sorgfältig ausgeführt werden. Einen Ertrag müssten die Anbieter allerdings nur liefern, wenn es ihn auch gebe, so Krauskopf. «Das ist die Schattenseite dieses Angebots». Seiner Meinung nach weist «MyFeld» aber auf seiner Internetseite zu wenig deutlich darauf hin. Und die AGB sind nicht leicht zu finden.

Entschuldigung und Gutschein

MyFeld räumt aber auch Fehler ein: «Uns ist bewusst, dass wir teilweise spät auf Anfragen reagiert haben.» Der Kundendienst soll nun im neuen Jahr besser werden, verspricht der Gründer. Auch wolle man sich besser gegen erneute, witterungsbedingte Widrigkeiten absichern, und zwar, indem man die Felder teilweise in sogenannten Anbautunnels überdecke und Ersatzfelder reserviere.

Uns ist bewusst, dass wir teilweise spät auf Anfragen reagiert haben.
Autor: MyFeld

Zudem hätten alle Kundinnen und Kunden einen Gutschein für eine zusätzliche Saison erhalten, sagt Schär. Das Gemüsejahr bei MyFeld ist übrigens neu in zwei Saisons eingeteilt (Winter- und Sommersaison). Wer ab jetzt ein ganzes Jahr vom Angebot profitieren möchte, zahlt doppelt so viel wie im ersten Jahr, also über 1200 Franken. Eine Saison dauere dafür länger als im ersten Jahr, so MyFeld – und man erhalte «rund 26 Boxen» pro Saison.

Espresso, 08.02.22, 08:13 Uhr

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