Die Ausgangslage. In den letzten Jahren gab es Fragen und Kritik an die Adresse des Kantons- und Verwaltungsgerichts. Um die offenen Punkte zu diskutieren, liess die Regierung einen Bericht ausarbeiten. Diese Auslegeordnung hat der Bündner Grosse Rat heute besprochen. Er beantwortete Grundsatzfragen und gab damit den Startschuss für eine Justizreform.
Ein Bündner Obergericht. Heute gibt es zwei Gerichte mit zwei Häusern und zwei Gerichtspräsidenten. Verwaltungs- und Kantonsgericht sollen zu einem Bündner Obergericht fusionieren. So lasse sich die Rechtssprechung künftig besser abstimmen, die Verwaltung effizienter und professioneller gestalten, erklärte Kommissionspräsident Ilario Bondolfi. Zentraler Punkt sei jedoch, dass ein kantonales Gericht der Justiz ein Gesicht geben und sie stärken würde.
Parteibücher für Richter und Richterinen. Auch künftig müssen Kandidaten für ein Richteramt einer Partei angehören. Es sei wichtig zu wissen, wo ein Richter oder eine Richterin politisch stehe, entschied der Rat mit 106:6 Stimmen. Damit verbunden ist der Parteienproporz – je nach Stärke im Parlament hat eine Partei auf mehr oder weniger Richterstellen Anrecht.
Kampf gegen den Pendenzenberg. Trotz einer zusätzlicher Richterstelle kämpft das Kantonsgericht mit viel Arbeit, auch weil jemand länger ausfiel. Das gleiche beim Verwaltungsgericht – fast zwei Jahre fehlte dort ein Richter. Das soll in Zukunft besser laufen. Wenn nötig, sollen Richter für eine bestimmte Zeit als ausserordentliche Richter angestellt werden, entschied das Bündner Parlament.
Teilzeitstellen. Zum Schluss schnitt der Rat einen alten Zopf ab – das Verbot von Teilzeitstellen an kantonalen Gerichten. Wer heute, im Jahr 2019, Richter sein will, muss dies zu 100 Prozent sein. Tempi passati: Neu sollen Richter und Richterinnen zum Beispiel 60 bis 80 Prozent arbeiten können, das entschied der Rat überraschend klar mit 111 zu 1 Stimme. Noch 2006 scheiterte der gleiche Vorstoss.
Wie geht es weiter. Die Leitplanken stehen nach der heutigen Debatte. Bis sich etwas ändert, wird es Jahre dauern. Frühestens in zwei Jahren wird der Grosse Rat über den Vorschlag für das angepasste Gesetz diskutieren. Notwendig ist auch eine Volksabstimmung, da die Verfassung angepasst werden muss.
SRF1, Regionaljournal Graubünden, 17:30 Uhr; habs