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Künstlerische Darstellung von Hirnaktivität
Legende: Ertönen Stimmen im Kopf, sind dieselben Hirnareale aktiv wie beim Hören realer Stimmen – nur etwas weniger stark. imago

Stimmen im Kopf Das Unhörbare sichtbar gemacht

Mit Hirnscans lässt sich nachweisen, dass die Stimmen im Kopf existieren. Belauschen lassen sie sich so aber nicht.

Computerscans zeigen: Menschen, die Stimmen hören, bilden sich das nicht bloss ein. Hirnareale, die für das Verarbeiten akustischer Signale zuständig sind, zeigen tatsächlich Aktivität – wenn auch weniger als beim Hören einer echten Stimme.

Hirnscan mit verschiedenen Perspektiven und Einfärbungen
Legende: Mit Hirnscans lassen sich auch Unterschiede zwischen inneren Monologen und Dialogen aufzeigen. NCBI

Bemerkenswert: Nicht nur die fürs Hören zuständigen Hirnteile sind dann aktiv, sondern auch solche, die wir für das Sprechen nutzen.

Was sich unter anderem darin zeigt, dass sich der Kehlkopf der Betroffenen beim Stimmenhören leicht bewegt. «Ein einfacher, eleganter Nachweis dafür, dass wir zu uns selber sprechen, wenn wir Stimmen hören», betont Peter Brugger, Professor und Leiter Neuropsychologie am Universitätsspital Zürich. Hightech-Scans bestätigen die Beobachtung.

Weshalb einem die eigene Stimme dabei völlig fremd und wie von aussen eingegeben vorkommt, dafür gibt es nach wie vor keine schlüssige Erklärung. Diverse Theorien sind im Umlauf: So vermutet man etwa, dass es bei gewissen Rezeptoren von Nervenzellen zu Funktionsstörungen kommt. Andere Forscher gehen von Problemen im Zusammenspiel von Sprachzentrum und Gedächtnisbereichen aus. Wieder andere haben eine Fehlfunktion an Hirnzellen identifiziert, die zu Halluzinationen führt und durch oxydativen Stress ausgelöst wird.

Langer Forschung kurzer Sinn: Woher die Stimmen im Kopf kommen, liegt weiterhin im Dunkeln. Und was sie sagen, hören wohl auch in Zukunft nur die betroffenen Personen selbst.

Sind Stimmenhörer schizophren?

Schizophrenie ist eine häufige und schwere psychische Erkrankung mit weitreichenden Auswirkungen auf das Denken, Fühlen und die Wahrnehmung. Ein typisches Zeichen sind akustische Halluzinationen – Betroffene hören Stimmen, die ihnen Befehle erteilen, sie beleidigen, unter Druck setzen.
Stimmenhören wurde bis vor wenigen Jahren als Folge gestörter Hirnfunktionen und krankhafte Einbildung verstanden, die es loszuwerden gilt. Dementsprechend stigmatisiert ist das verbreitete Phänomen: Wer Stimmen hört, bildet sich das nur ein, ist unzurechnungsfähig, gehört in psychiatrische Behandlung.
Dem widerspricht Neuropsychologe Peter Brugger: «Schizophrene hören Stimmen, aber Stimmenhörer sind nicht automatisch schizophren.» Wo genau die Grenze zwischen normale und krank liegt, ist individuell verschieden. «Das hängt vom persönlichen Leidensdruck ab. Wenn die negativen Stimmen überwiegen und zur Belastung werden, ist es sicher nicht mehr gut.»
Dann lohnt sich eine ärztliche Abklärung. Liegt tatsächlich eine Schizophrenie vor, kann diese heute gut behandelt und oft auch geheilt werden.

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