Vor einer Woche hat der Kanton Luzern entschieden: Das städtische Schulhaus Grenzhof, im Stadtteil Littau, wird unter Denkmalschutz gestellt und damit dessen Abriss verhindert. Auch Architektinnen und Architekten setzen sich dafür ein, dass das 1964 bis 1967 erbaute Schulhaus erhalten bleibt. Der Luzerner Stadtrat akzeptiert den Entscheid des Kantons nicht und will dagegen vorgehen. Wenn nötig bis vor Bundesgericht.
Für den Luzerner Norbert Truffer vom Bund Schweizer Architekten ist die Antwort klar: «Die Schulanlage ist eine Zeitzeugin für «die neue Pädagogik» und die neue Art des Schulhausbaus in den 60er-Jahren: Man sieht sehr viel Glas, man hat viel Transparenz geschaffen und niedrige Brüstungen gebaut, damit die Kinder hinausschauen können. Draussen viel gedeckte Flächen für Unterricht im Freien.»
Manuela Jost, die Baudirektorin der Stadt Luzern hält fest: Der Stadtrat wolle zwar die Schulanlage Grenzhof abreissen. Das heisse aber nicht, dass er kein Bewusstsein für städtebauliche Zeitzeugen habe. «Bei Um- und Neubau-Projekten hat der Stadtrat den Auftrag, eine Güterabwägung zu machen. Einer der Aspekte ist in diesem Fall der baukulturelle Wert. Diesen stellen wir nicht in Frage.»
Bei der Abwägung gelte es aber eben auch die Problematik mit dem Schadstoff Naphthalin zu beachten. «Hier kam der Stadtrat zum Schluss, dass eine Sanierung wahrscheinlich nicht verhältnismässig wäre, weil die Eingriffe zu gross wären, um den Schadstoff komplett zu eliminieren», so Manuela Jost weiter.
Das Schulhaus Grenzhof im Luzerner Stadtteil Littau ist bloss eines von zahlreichen in der Schweiz, welche mit Naphthalin belastet sind und saniert werden müssen. Luzern könnte also von den Erfahrungen profitieren, die andernorts gemacht wurden, findet Architekt Norbert Truffer. Er sagt: «Ich stelle in Frage, ob eine Sanierung tatsächlich unverhältnismässig wäre.»
«Das Schulhaus Manuel in der Stadt Bern beispielsweise wurde mit einer neuen Lüftung versehen, um die Geruchs-Belastung unter dem Grenzwert halten zu können.» Im Fall Grenzhof müsse die öffentliche Hand, also der Stadtrat, die Baukultur höher werten als rein ökonomische Abwägung, fordert Truffer.
Baudirektorin Manuela Jost hält dagegen: «Der Stadtrat setzt bei Schadstoffen auf eine Nulltoleranz, auch beim Naphthalin. Denn hier haben wir eine grosse Verantwortung. Wenn wir also einen Eingriff für viele Millionen machen würden, dann nur mit dem Ziel, schadstofffreier Räume für die Kinder.» Mit dieser Argumentation kann Architekt Norbert Truffer nichts anfangen: «Das ist eher eine bequeme Ausrede, um Polemik zu betreiben.»
«Es braucht Aufklärungsarbeit»
Bauten aus der Nachkriegszeit haben gemeinhin in der Bevölkerung einen schweren Stand. Sie werden als Schandflecken oder Bausünden bezeichnet. Den Grund dafür sieht Architekt Truffer in der Zeit: «Es braucht immer Zeit, bis man realisiert, was Qualität ist. Der Baustil der Nachkriegs-Moderne ist halt noch relativ jung und wohl deshalb noch nicht so akzeptiert.
In diesem Punkt sind sich die beiden Diskussions-Gegner einig - Baudirektorin Manuela Jost sagt: «Ich gebe Norbert Truffer Recht: Es wird nur schwer verstanden, weshalb baukulturell wertvolle Gebäude wertvoll sind. Hier braucht es Aufklärungsarbeit.»