Die Schweizer Export-Firmen ächzen unter dem starken Franken – besonders jene, die ihre Produkte im Euro-Raum verkaufen. Wer wie Adecco temporäre Arbeitskräfte vermittelt, ist vom Auf und Ab der Wirtschaft jeweils relativ direkt betroffen. Dem Frankenschock zum Trotz laufe es beim Personalvermittler derzeit gut, sagt der Schweizer Adecco-Chef Michael Agoras am SEF im Gespräch mit «ECO»-Moderator Reto Lipp.
SRF: Herr Agoras, drückt die Frankenstärke schon auf den Arbeitsmarkt durch?
Michael Agoras: Ja, wir haben das schon ab dem 16. Januar gespürt, also direkt nach dem Entscheid der Schweizerischen Nationalbank, den Mindestkurs aufzuheben. Die Frankenstärke kann für die Firmen aber auch eine Chance sein.
Man hört immer, dass Firmen ihre Angestellten länger arbeiten lassen. Leiden Sie darunter, weil diese Firmen dann keine temporären Arbeitskräfte mehr einstellen?
Das könnte man meinen. Wir merken davon aber noch nichts – im Gegenteil gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach temporären Arbeitskräften im 3. und 4. Quartal noch zunehmen wird.
Dann sind Sie also ein Gewinner der aktuellen Situation?
Das kann man so nicht sagen, denn wir sind in vielen Branchen zuhause. Aber durch die Diversifikation auf dem Schweizer Markt haben wir eine gute Balance erreicht.
Ihre Branche ist also optimistisch. Wie schätzen Sie die Entwicklung im nächsten Jahr ein?
Das schwierige ist, dass man nicht planen kann: Niemand weiss, ob der Euro weiter fällt. Wir gehen davon aus, dass der Franken-Euro-Wechselkurs stabil bleibt, mit leicht steigender Tendenz. Aber für die Firmen, die gerne über Monate hinaus planen, ist das nicht einfach. Da muss man kreativ werden und Just-in-time-Management betreiben.
Ein weiteres aktuelles Thema ist der Fachkräftemangel. Verschwindet dieser, wenn sich die Wirtschaft abkühlt?
Nein, dieser nimmt im Gegenteil zu. Die Schweiz ist ein Land der Dienstleistungen, der Forschung und Entwicklung. Da braucht es immer wieder Leute.
Warum soll man Leute aus dem Ausland holen, wenn es in der Schweiz Arbeitslose gibt?
Leider ist es so, dass das Profil vieler Arbeitsloser nicht übereinstimmt mit dem, was die Firmen suchen.
Das Interview führte Reto Lipp.