Zwei Mottos bestimmen den diesjährigen 1. Mai in Zürich:
- «Freiheit» heisst es beim 1.-Mai-Komitee, damit soll weltweit Solidarität mit politischen Gefangenen ausgedrückt werden.
- «Lohngleichheit.Punkt.Schluss» lautet hingegen das Motto des Gewerkschaftsbundes.
In Zürich waren mehrere Tausend Menschen unterwegs. Die Organisatoren sprechen von 13'000. SRF-eigene Schätzungen gehen von deutlich weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus. 2017 hatte wohl die Wahl Donald Trumps zusätzlich Leute mobilisiert. Viele Gewerkschaften verzeichnen ausserdem einen Rückggang bei den Mitgliederzahlen.
Weitgehend ruhig - Protest vor türkischer Botschaft
Die Polizei zieht eine mehrheitlich positive Bilanz. Zwar kam es während des Umzugs am Morgen vereinzelt zu Sachbeschädigungen. So wurde zum Beispiel ein Mc Donalds mit Farbbeuteln beworfen.
Entlang der Umzugsroute blieb es jedoch weitgehend friedlich. Die Polizei musste sich allerdings mit Aktionen anderer Art auseinandersetzen:
Am späteren Nachmittag versammelte sich eine Gruppe von rund achtzig Personen aus dem linksautonomen Spektrum im Niederdorf zu einer unbewilligten Nachdemonstration. Die Polizei konnte den Marsch durch die Altstadt stoppen und löste die Ansammlung auf.
Gleichzeitig setzten Unbekannte beim türkischen Konsulat einen Container in Brand. Auch spannten sie ein Transparent mit einer Kette über die Strasse. Die Beamten setzten dem ebenfalls ein Ende und nahmen eine Person fest.
Hauptrednerin in Zürich
Als Gastrednerin spricht in Zürich unter anderem die baskische Aktivistin Nekane Txapartegi. Keine unumstrittene Persönlichkeit. Ihre Rolle in der baskischen Terrororganisation ist nicht geklärt. In Spanien soll sie brutal gefoltert worden sein, danach tauchte sie in der Schweiz unter und kam in Auslieferungshaft. «Eine schlimme Zeit», sagt Txapartegi gegenüber dem «Regionaljournal». Erst vor ein paar Monaten kam sie frei, ihre Strafe sei verjährt, befand ein spanisches Gericht.
Vor knapp 20 Jahren wurde Nekane Txapartegi in Spanien verhaftet. Der Vorwurf: Sie habe die Terrororganisation ETA unterstützt. Txapartegi sagt hingegen, sie sei als Frau bestraft und gefoltert worden, weil sie sich gegen die patriarchale Ordnung aufgelehnt habe. Auf die Frage, ob sie politische Gewalt verurteile, gibt sie keine klare Antwort.
1.-Mai-Komitee gibt sich unkritisch
Seit kurzem hat sie eine Aufenthaltsbewilligung und kann vorläufig in Zürich bleiben. Zum Thema Freiheit habe sie viel zu sagen, meint Luca Maggi vom 1. Mai Komitee. Dass Nekane Txapartegi mit der ETA in Verbindung gebracht wurde, war im Komitee kein Thema. Ihre Freilassung spreche für ihre Unschuld, sagt Maggi dazu.
Schaffhausen: Frauen geben den Ton an
Deutlich kleiner als in Zürich fällt der Umzug in Schaffhausen aus: Rund 400 Menschen demonstrierten in der Innenstadt für gerechte Löhne. Dass vom Thema Lohngleichheit mehrheitlich Frauen betroffen sind, ist auf dem Rednerpult am Fronwagenplatz sichtbar: Es ist durchwegs von weiblichen Rednerinnen besetzt. Unter anderem von zwei pensionierten Kindergärtnerinnen, die das Gleichstellungsgesetz nach 22 Jahren endlich umgesetzt sehen wollen.