- Meldepflicht, Kontakt- und Rayon-Verbote, Ausreisesperren und Hausarrest – mit solchen Massnahmen sollen Extremisten künftig gestoppt werden können.
- Sie sollen angewendet werden können, bevor ein Strafverfahren begonnen hat.
- Das sieht das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus vor. Es wird heute im Nationalrat beraten.
Der Zugriff erfolgte vor einem Wohnblock in Beringen (SH): Polizisten in Sturmmasken und mit Maschinenpistolen nehmen drei Iraker fest. Die sogenannte Schaffhauser IS-Zelle wird im März 2014 dingfest gemacht. Es folgen jahrelange Ermittlungen und Gerichtsprozesse.
Heute ist das Trio wieder in Freiheit. Ihre Strafe haben die Männer abgesessen, sie sollen die Schweiz verlassen, da sie als gefährlich gelten. Aber sie können nicht ausgeschafft werden, weil ihnen im Irak Folter droht.
Gesetzeslücke schliessen
Was tun mit solchen und ähnlichen Fällen? Die Schweizer Stafverfolgungsbehörden müssen diese Personen weitgehend gewähren lassen, solange die Schwelle für ein Strafverfahren nicht überschritten ist.
Hier sieht der Bundesrat eine Gesetzeslücke, die mit neuen polizeilichen Massnahmen geschlossen werden soll. Das Geschäft wird am Donnerstag im Nationalrat beraten.
Die kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren unterstützen die Vorlage. KKJPD-Präsident Urs Hofmann sagt, für die Polizeikorps sei es ein «unwahrscheinlicher Aufwand», wenn jemand 24 Stunden observiert werden müsse, weil er eine schwere Straftat begehen könnte. Das neue Gesetz sei wichtig, um solche Gefährder besser unter Kontrolle zu halten.
Hausarrest auf Antrag
Auf Antrag einer Kantonspolizei kann das Bundesamt für Polizei (Fedpol) nach dem neuen Gesetz mehrere Massnahmen erlassen. Sie können schrittweise verschärft werden, wenn sich jemand nicht daran hält und soziale und präventive Massnahmen zuvor gescheitert sind.
Das Fedpol kann eine Gesprächsteilnahmepflicht zur besseren Einschätzung einer Person erlassen. Wird sie als «Gefährder» eingestuft, können auch folgen: Kontaktverbot zu anderen Personen; das Verbot, bestimmte Quartiere oder Häuser zu betreten; eine Meldepflicht bei den Behörden oder ein Ausreiseverbot.
Bleiben diese Massnahmen erfolglos, kann das Fedpol beim Zwangsmassnahmengericht einen Hausarrest beantragen.
Kritik an vager Umschreibung
Diese Gesetzesvorlage wird vom UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, kritisiert. Er bemängelt, das Gesetz sei zu vage formuliert. Was unter «Gefährder» und unter «terroristischen Aktivitäten» zu verstehen sei, müsse klarer eingegrenzt werden, um Missbräuche zu verhindern.
Umstritten sind auch die geplanten Altersgrenzen: Der Hausarrest gilt ab 15, alle weitere Massnahmen gelten ab zwölf Jahren.
UNO-Sonderberichterstatter Melzer hat Verständnis dafür, dass die Massnahmen früh eingesetzt werden sollen. «Wir dürfen uns keine Illusionen machen. Auch sehr junge Menschen werden für kriminelle Zwecke missbraucht.» Doch er pocht darauf, die Instrumente nur als Notmassnahmen anzuwenden und die rechtsstaatliche Kontrolle zu verstärken.
Polizeidirektor Urs Hofmann betont, dass bei 15-Jährigen bereits das Jugendstrafrecht zur Anwendung komme. Die Idee des Gesetzes sei, solche Jugendlichen nicht ins Gefängnis zu stecken, sondern von einem extremistischen Umfeld fernzuhalten. Hausarrest komme nur als Ultima Ratio infrage.