Dass die Polizei künftig präventiv gegen sogenannte Gefährder vorgehen kann, dagegen kämpfte vor allem die politische Linke, aber auch NGOs. Nun zeigen sie sich enttäuscht über die Niederlage – aber erfreut, dass sie mehr Ja-Stimmen holen konnten als erwartet.
Gegenüber SRF zeigte sich Tobias Vögeli, Präsident der Jungen Grünliberalen, erfreut, dass die Nein-Kampagne Resonanz gehabt habe, obwohl sie im Schatten der anderen Vorlage gestanden habe. Die Nein-Argumente hätten durchaus verfangen – viele hätten von einem Ja zu einem Nein gewechselt.
Dafür bekommen Vögeli und weitere Jungparteien Lob von Nationalrat Beat Flach (GL/AG), der von einem Achtungserfolg spricht.
Enttäuscht zeigten sich die Grünen, wie sie auf Twitter mitteilten. Sie wollen nun den Terrorismus-Begriff im Gesetz genauer definieren. Damit nehmen sie die Befürworter beim Wort, welche versprochen hatten, die Massnahmen richteten sich nicht gegen friedliche Aktivisten. Die Fraktion reiche in der kommenden Woche eine entsprechende parlamentarische Initiative ein.
Sowohl die Juso als auch die Operation Libero sprechen von einem schwarzen Tag für die Menschenrechte.
Für die SP, ist der hohe Nein-Anteil zum Gesetz ein klares Signal gegen weitere Verschärfungen etwa im Nachrichtendienstgesetz, wie Nationalrätin Min Li Marti (ZH) zu Keystone-SDA sagte. Sie hätte mit einer weit höheren Zustimmung gerechnet, wie sonst üblich bei Abstimmungen über Sicherheitsfragen.
Versprechen der Befürworter
Zufrieden zeigte sich die SVP. Für Nationalrat Mario Tuena (SVP/ZH), Kommissionssprecher bei der Beratung des Gesetzes, konnte gezeigt werden, dass das Gesetz nötig sei, um Terroranschläge zu verhindern – und sich gegen Terroristen und nicht Extremisten wende, wie er zu SRF sagte. Die Befürworter würden sich an die Versprechen halten, die sie im Abstimmungskampf gemacht hatten, versicherte Tuena.
Die am Referendum beteiligte Piratenpartei zeigt sich mit dem Resultat nicht einverstanden: Noch nie in der Geschichte seien gegen eine Vorlage derart viele Abstimmungsbeschwerden – über 600 – eingereicht worden. Deshalb müsse die Abstimmung wiederholt werden, forderte sie.
Der Aargauer FDP-Nationalrat Thierry Burkart hofft, dass die Gegner den Volksentscheid akzeptieren, wie er auf Anfrage von Keystone-SDA sagte. Er habe alles Vertrauen in die Verantwortlichen, dass sie die neuen Möglichkeiten mit Augenmass umsetzen.
Den Abstimmungsbeschwerden gibt SP-Nationalrätin Min Li Marti wenig Chancen. Vielversprechender sei vielleicht der bereits angekündigte Gang vor den Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg, über den ihre Parteikollegin Franziska Roth (SO) mit Mitte-Nationalrätin Ida Glanzmann (LU) bei SRF diskutierte.
Roth kritisiert vor allem auch, dass die Massnahmen bereits gegen Kinder ab 12 Jahren verhängt werden könnten. Glanzmann verwies auf die Schutzmechanismen im Gesetz.
Wie dieses nun umgesetzt wird, darauf wollen Menschenrechtsorganisationen genau schauen, kündigte Patrick Walder, der die Kampagne der NGOs geleitet hat, gegenüber Radio SRF an.
Justizministerin Karin Keller-Sutter betonte am Abend nach der Abstimmung: «Mit der Möglichkeit, vor Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Massnahmen einzureichen, erfüllen wir die Bedingungen der Rechtsstaatlichkeit», sagte sie. Die Massnahmen würden mit Augenmass und befristet eingesetzt.