Lange vor einem möglichen Abstimmungstermin nehmen die Bauern den Kampf gegen die im Januar eingereichte Trinkwasser-Initiative auf. Diese will nur noch jenen Bauern Direktzahlungen geben, die keine Pflanzenschutzmittel spritzen.
Markus Ritter: Fakten jetzt liefern
Das Interesse an diesem Thema sei sehr gross und die öffentliche Diskussion finde bereits jetzt statt, begründet Bauern-Präsident Markus Ritter das frühe Engagement: «Wir müssen die Fakten jetzt liefern und die Diskussion von unserer Seite aktiv begleiten.» Kürzlich haben die Bauern auf einem Hof im Berner Mittelland eine Informationskampagne gestartet. Eine Broschüre soll Verständnis für den Einsatz von Pestiziden, Fungiziden und Herbiziden wecken.
Beim Thema Pflanzenschutzmittel steht oft Aussage gegen Aussage. Statistiken widersprechen sich zum Teil. Dazu gehört der Einsatz von Pestiziden im Vergleich zum Ausland, wo die Schweiz gemäss einer neuen Erhebung deutlich besser dasteht als etwa Frankreich und Deutschland. Einzelne Arten von Pflanzenschutzmitteln würden in der Schweiz allerdings zum Teil mehr gespritzt als etwa Deutschland.
Ein Drittel biologische Mittel
Die Schweizer seien beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich sehr zurückhaltend, weil bereits seit vielen Jahren mit Integrierter Produktion (IP) gearbeitet werde, betont der Galler CVP-Nationalrat. Es würden also bereits schädlings- und Schadschwellen bezogene Pflanzenschutzmittel eingesetzt.
Die Schweiz wende gemäss Statistik zu einem Drittel biologische Mittel an, wie er selbst es auf seinem Bio-Knospen-Betrieb halte. So machten etwa Schwefel- oder Tonerde-Produkte in der Gewichtsbilanz relativ viel aus.
Im Unterschied zum Ausland habe die Schweiz auf die Gesamtfläche bezogen aber relativ viele Spezialkulturen wie Gemüse, Obst oder Rebbau. Diese wiesen einen höheren Einsatz von spezielleren Pflanzenschutzmitteln auf, was sich in der Statistik niederschlage.
Auch die Bauern ins Boot holen
Auch ein gezieltes Verbot bestimmter Pflanzenschutzmittel sei ein Weg, räumt Ritter ein: «Wir wollen aber keine politischen, sondern wissenschaftlich abgestützte Verbote.». Dazu brauche es Alternativen wie die mechanische Bekämpfung, Nützlinge oder andere Mittel, «damit wir die Bauern auch im Boot haben».
Wir wollen keine politischen, sondern wissenschaftlich abgestützte Verbote.
Auch der Aktionsplan des Bundes funktioniert nicht mit Verboten, sondern mit finanziellen Anreizen. Wichtig sei vor allem, dass die Betroffenen an der Diskussion beteiligt würden, sagt Ritter. Die Anreizsysteme hätten sich bewährt, denn sie förderten die Diskussion in der Branche.
Verbote allein genügen nicht
In den Köpfen müsse etwas bewegt werden, die Leute müssten den Sinn von Massnahmen einsehen, diese mittragen und proaktiv unterstützen können. Langsamer gehe es auf diese Weise nicht zwingend, so Ritter. Denn auch die Umsetzung von Verboten brauche Zeit, bedinge Ersatzmassnahmen und die Diskussion über allfällige Schäden.
Der «perfekte Apfel»
Was den Kenntnisstand der Konsumenten über den Einsatz und Zweck von Pflanzenschutzmitteln betrifft, betont Ritter: «Diese Diskussion muss geführt werden. Wir wollen, dass der Konsument auch am Markt die Nachfrage steuert und entscheidet, wie viel biologische Produkte produziert werden sollen.» Der Bio-Anteil betrage heute neun Prozent.
Wir wollen, dass der Konsument auch am Markt die Nachfrage steuert.
Der Konsument müsse sich bewusst sein, was es bedeutet, einen perfekten Apfel oder ein perfektes Gemüse vor sich zu haben, sagt Ritter. Dies sei nämlich nur möglich, wenn die Ernten auch geschützt werden könnten und habe einen direkten Zusammenhang mit der Produktion.
Bauern stützen Aktionsplan des Bundes
Auf die Frage, warum es mit der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln in den letzten Jahren nicht so richtig vorwärtsging, verweist Ritter erneut auf den im letzten Jahr vom Bundesrat verabschiedeten Aktionsplan Pflanzenschutz. «Wir versprechen uns von diesem Aktionsplan sehr viel und glauben, dass es möglich ist, die Risiken zu halbieren», erklärt der Verbandspräsident.
Die Initianten der Initiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» argumentieren radikal. Sie weisen unter anderem darauf hin, dass Pflanzenschutzmittel auch ins Wasser gelangen könnten. Dies dürfe die öffentliche Hand mit Subventionen und Direktzahlungen nicht auch noch unterstützen.