Wer schlecht schläft, aber den Gang ins Schlaflabor scheut, greift gerne zu Smartwatch oder Smartphone und installiert eine der Hunderten von Schlafapps, die detaillierte Schlafprotokolle versprechen.
Die Informationen dafür bezieht die Software aus den Sensoren der Geräte. Am Arm oder auf der Matratze wird jede Bewegung und Erschütterung im Bett registriert, einer Wach- bis Tiefschlafphase zugeordnet und schliesslich als Nacht mit mehr oder weniger langem und gutem Schlaf gedeutet.
Praxistest im Schlaflabor
Wer das tut, liegt voll im Trend. «Wir sehen fast täglich Patienten, die uns solche Messungen zeigen», bestätigt Schlafmediziner Jens Acker von der Klinik für Schlafmedizin in Bad Zurzach. Wer bei ihm eine Nacht im Schlaflabor verbringt, wird gründlich unter die Lupe genommen: Hirnströme, Herzrhythmus, Muskelaktivität, Atmung, Schnarchen oder Beinbewegung – nichts entgeht der Aufmerksamkeit der Kameras und Messgeräte.
Wie gut schneiden Schlafapps im Vergleich ab? «Puls» hat die Probe aufs Exempel gemacht und einen Probanden im Schlaflabor übernachten lassen: Zum einen voll verkabelt, zum anderen mit Smartwatch und Smartphone versehen. Auf denen sind vier zufällig ausgewählte Schlafapps installiert.
Von vier Messungen eine halbwegs brauchbar
Die Überwachungskamera zeigt: Mitten in der Nacht liegt der Patient fast zwei Stunden wach. Insgesamt bringt er es auf fünf Stunden Schlaf. Und was sagen die Apps?
- App 1 vermeldet «Grossartiger Schlaf, 6 Stunden 52 Minuten». Die Schlafdauer wird um fast zwei Stunden überschätzt, die Wachphase viel zu kurz erkannt. Auch die Schlafphasen sind nicht korrekt zugeordnet.
- App 2 misst die Schlafzeit recht genau. Wann der Proband wach gelegen ist, entgeht der App aber völlig.
- App 3 erkennt einige Schlafphasen richtig. Die Wachzeit mitten in der Nacht verpasst auch sie komplett.
- App 4 erkennt die Wachphasen recht zuverlässig und liegt bei den Schlafphasen zumindest nicht völlig daneben.
Das Ergebnis deckt sich mit den Erfahrungen von Jens Acker. Manche Apps bringen bessere Resultate, andere schlechtere – weshalb das so ist, lässt sich nicht sagen. Denn wie die Apps genau funktionieren, wissen nur ihre Programmierer. Und die lassen sich nicht in die Algorithmen blicken.
Keine Empfehlungen möglich
Das macht es schwierig, Empfehlungen auszusprechen. «Wir sind in der Fachgesellschaft daran, uns damit auseinanderzusetzen», sagt Acker. Nach baldigen Ergebnissen klingt das nicht.
Und er weist auf die Gefahren der populären Selbstvermessung hin: «Zu starkes Achten auf die Körperfunktionen kann die Anspannung noch erhöhen. Was zu noch mehr Schlafstörungen führt – worauf man noch mehr auf den Schlaf achtet und sich so ständig weiter unter Druck setzt.» Ein Teufelskreis, der schwierig zu durchbrechen ist.