Nachdem in den vergangenen Tagen verschiedene mutmassliche Verfehlungen durch Chefärzte am Zürcher Universitätsspital (USZ) publik wurden, hat der Spitalrat am Mittwoch Sofortmassnahmen beschlossen:
- Der Chef der Herzchirurgie wird für drei Wochen beurlaubt.
- Der Direktor für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie darf keine Patientinnen oder Patienten mehr ausserhalb des USZ behandeln.
- Der Klinikdirektor der Gynäkologie verlässt das Spital nach über 30-jähriger Tätigkeit – aus gesundheitlichen Gründen, wie der Spitalrat betont.
Die Vorwürfe gegen die drei Direktoren sind ganz unterschiedlich. Dem Leiter Gynäkologie wurde vorgeworfen, sich während Jahren für Operationen eingetragen zu haben, die er gar nicht selber durchführte. Der Direktor der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie soll Patienten des USZ systematisch an seine private Praxis verwiesen haben.
Zwangsurlaub für den Chefarzt Herzchirurgie
Der Leiter der Herzchirurgie, gleichzeitig auch Professor an der Universität Zürich, soll Studien geschönt und Interessenkonflikte verheimlicht haben. Die Universität Zürich hat deshalb Anfang Woche Ermittlungen gegen ihn eingeleitet.
- Vorwurf 1: Interessenkonflikt
Dem Leiter der Herzchirurgie wird vorgeworfen, Implantate von Firmen benutzt zu haben, an denen er selbst beteiligt ist. Diesen Interessenkonflikt soll er nicht kommuniziert haben. Dies zeigte ein Untersuchungsbericht, den das USZ extern in Auftrag gab und dessen Resultate durch einen Bericht des «Tages Anzeigers» publik wurden.
- Vorwurf 2: Geschönte Studien
Der Professor soll Publikationen über den Einsatz neuartiger Implantate frisiert und der Zulassungsbehörde Swissmedic irreführende Angaben darüber gemacht haben. Zudem habe er in Fachartikeln verschwiegen, dass während einer Operation eine Patientin wiederbelebt werden musste.
«Die Honorargesetzgebung ist voller Fehlanreize»
Der Spitalrat des Universitätsspitals Zürich als oberstes Führungsgremium hat deshalb den Chefmediziner der Herzchirurgie nun für drei Wochen beurlaubt. Der Klinikdirektor solle in dieser Zeit detailliert zu den Vorwürfen der externen Untersuchung Stellung nehmen. Zudem könne man durch die Beurlaubung einen ruhigen Weiterbetrieb der Herzmedizin sicherstellen.
Es gehe mittelfristig aber auch darum, Fehler im Honorarsystem am Universitätsspital Zürich zu beheben, so wie das nun vom Zürcher Kantonsparlament in Angriff genommen werde, sagt Spitalratspräsident Martin Waser im Interview mit dem «Regionaljournal Zürich Schaffhausen». Er begrüsse die entsprechende Ankündigung der zuständigen Kantonsratsfraktion. Denn «die Honorargesetzgebung ist voller Fehlanreize», sagt Waser.
Strenge Sanktionen sind denkbar
Die Universität Zürich hat wegen des Verdachts auf wissenschaftliche Verfehlungen des Medizinprofessors selber ein externes Gutachten in Auftrag gegeben. Konkret soll der Bericht zeigten, ob im Zusammenhang mit den geschönten Studien die wissenschaftliche Integrität eingehalten wurde. Auch die Interessenkonflikte und Nebenbeschäftigungen sollen unter die Lupe genommen werden.
Mögliche Sanktionen der Universität Zürich gegen den Leiter der Herzchirurgie hängen vom externen Gutachten ab. Und sie können weitreichende Folgen haben. «Personalrechtliche Sanktionen richten sich nach den Vorgaben des Personalrechts des Kantons Zürich und der Personalverordnung der UZH», führt eine Sprecherin der Universität Zürich in der «NZZ» aus. «Die mögliche Spannbreite reicht von einem Verweis bis zur fristlosen Entlassung.»