Im VW-Bus unterwegs von Amsteg nach Bristen. Zahnarzt Michael Keller kurvt mit Dental-Hygienikerin Eva Gisler hinauf zum Urner Bergdorf. Es steht ein Termin bei Rentnerin Elisabeth Tresch. Seit gut zwei Jahren betreuen die beiden Zahnexperten die gehbehinderte Frau zuhause. Dabei geht es bei der Begrüssung herzlich zu. Man ist per du, umarmt sich und Elisabeth Tresch schwärmt von «ihrem» Zahnarzt: «Michael ist mein Sechser im Lotto, den würde ich nie mehr hergeben. Klar berappe ich seinen Mehraufwand fürs Kommen, aber das ist es mir allemal Wert!»
Michael ist mein Sechser im Lotto, den würde ich nie mehr hergeben.
Am Küchentisch startet dann die eigentliche Behandlung: Keller montiert Doktorkittel sowie Kopflampe und schon kommt der prüfende Blick in den Mund. Keller ist zufrieden: «Schade, haben wir kein Foto gemacht, als ich das erste Mal bei dir war! Das wäre wie Tag und Nacht. Zähne und Zahnfleisch sind nun in einem guten Zustand.»
Damit dies so bleib, braucht's jetzt eine Zahnstein-Entfernung. Dafür hat Dental-Hygienikerin Eva Gisler unterdessen die gute Stube in eine Zahnarzt-Praxis umgebaut. Ein Zahnarzt-Stuhl, Mundleuchte sowie Geräte zum Bohren, Spülen, Absaugen und ein Ultraschall-Instrument sind einsatzbereit. Mit hohen, klirrenden Tönen wird nun der Zahnstein entfernt.
Wenn ein gesunder Mund auch noch im hohen Alter lachen kann, ist das doch hohe Lebensqualität!
Währenddessen erzählt Michael Keller, was ihn je länger je mehr als «fahrenden Zahnarzt» beschäftigt: «Seit ich diesen Job mache, habe ich mit Schrecken festgestellt, dass viele ältere Menschen plötzlich mit der Zahnpflege aufhören.» Oft würden alleinstehende, gesundheitlich geschwächte Menschen die Mundhygiene einfach vergessen.
«Da heute die meisten statt Prothesen ihre zweiten Zähne behalten, geraten diese in erbärmliche Zustände, verfaulen und zerfallen und die Mundhöhle wird zu einem bakteriellen Entzündungsherd.» Er hat deshalb eine neue Mission gefunden: Diesen Zustand mittels Aufklärung einer breiteren Öffentlichkeit bewusstmachen.
Eine Studie soll Situation im Kanton Uri klären
Dasselbe Ziel hat auch der Verein Labucca, den der Zürcher Ökonom Eric Schirrmann ins Leben gerufen hat. Gemeinsam haben die beiden nun eine Studie innerhalb des Kantons lanciert: «Mit dieser Studie wollen wir den tatsächlichen Mundhygiene-Zustand älterer Menschen im Kanton erfassen. Liegen die konkreten Daten vor, wollen wir die nötigen Massnahmen erarbeiten», erklärt Schirrmann.
In Zusammenarbeit mit Urner Zahnärzten, Spitex und Pflegenden erhalten Betagte die Möglichkeit, gratis ihren Mund-Gesundheitsstatus untersuchen zu lassen und allfällige Präventions-Massnahmen ergreifen zu können.
Michael Keller allerdings träumt noch etwas weiter. Er hofft, dass durch diese Aktivitäten sich Schweizer Zahnärzte dem Thema «pflegerische Zahnmedizin» im Alter mehr zuwenden. Denn: «Wenn ein gesunder Mund auch noch im hohen Alter lachen kann, ist das doch hohe Lebensqualität!»