Es scheint auf den ersten Blick eine ganz normale Gerichtsverhandlung: Mehrere Angeklagte müssen sich am Dienstag im Saal des Obergerichts in Solothurn unter anderem wegen bandenmässigen Raubs verantworten. Doch auch dieser Prozess steht unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Denn eigentlich hätte er vor dem Richteramt Olten-Gösgen stattfinden sollen.
«Aufgrund der Anzahl der beteiligten Personen hat das Richteramt offenbar entschieden, dass diese Verhandlung nicht in Olten stattfinden kann. Der Saal am Obergericht ist der grösste Gerichtssaal im Kanton Solothurn», erklärt der Solothurner Gerichtsverwalter Heinrich Tännler.
Die meisten Gerichtsverhandlungen in den Kantonen Aargau und Solothurn wurden verschoben, wie eine Anfrage bei den zuständigen Stellen zeigt. Dringende Verfahren werden zum Teil in anderen Räumlichkeiten oder – wenn möglich – auf schriftlichem Weg abgehandelt. Im Aargau ist bei den Gerichtsverhandlungen zudem kein Publikum mehr zugelassen, mit Ausnahme von Journalistinnen und Journalisten.
Digitale Aufrüstung bei der Justiz
Aber auch bei der Justiz helfen neue, digitale Möglichkeiten. Kleinere Verfahren werden zum Teil per Videokonferenz erledigt. «Wir schalten Parteien und Anwälte per Skype zu, namentlich bei Fällen zu Familienrecht oder Kindes- und Erwachsenenschutzrecht», erklärt der Brugger Gerichtspräsident Sandro Rossi. Und auch im Kanton Solothurn hat die Justiz digital aufgerüstet.
«Wir haben bei den Gerichten und in den Gefängnissen sogenannte Video-Einvernahmezimmer eingerichtet», erklärt Gerichtsverwalter Heinrich Tännler. In den Gefängnissen herrsche aktuell ein striktes Besuchs -und Urlaubsverbot. Doch gerade Haftrichterinnen und Haftrichter müssen zum Teil zwingend Einvernahmen machen.
Wir haben in kurzer Zeit diese Möglichkeit geschaffen.
Die Haftrichter können sich nun in einen Container setzen und per Videoschaltung mit den Inhaftierten sprechen. Dazu seien grössere Bildschirme und Lautsprecher installiert worden, so Tännler. «Wir haben in kurzer Zeit die Möglichkeit geschaffen, dass in den Untersuchungsgefängnissen so Einvernahmen, aber auch Besuche weiterhin möglich sind.»
Die Arbeit geht der Justiz nicht aus
«Wir haben in den letzten Tagen einen grösseren Digitalisierungsschritt gemacht als in den letzten zwei Jahren», fasst Gerichtspräsident Sandro Rossi die Wirkung der Corona-Massnahmen zusammen. Auch Richterinnen und Richter arbeiten nun also zum Teil im Homeoffice statt im Gerichtssaal.
Denn die Arbeit gehe der Justiz definitiv nicht aus, betont die Aargauer Justizsprecherin Nicole Payllier. Aktuell würden zum Beispiel schriftliche Urteile verfasst zu bereits abgearbeiteten Fällen, damit man nach der Pandemie schnell die neuen Verfahren aufnehmen und durchführen könne. Die Justiz baut also Pendenzen ab und übt sich – wie viele andere Bereiche auch – im Umgang mit digitalen Hilfsmitteln.