Die Schweizer Wirtschaft stand schon unter einem besseren Stern. Die Handelspartnerin EU scheint seit der MEI düpiert, der starke Franken will kaum schwächeln. Und nun sind ziehen über dem Wachstumsmarkt Asien immer dunklere Wolken auf.
Grund genug, die Wahl-Arena in Visp ins Licht der Ökonomie zu stellen und Vertreter von sechs Parteien nach ihren Strategien zu fragen.
Wo spielt die Sozialpartnerschaft?
Corrado Pardini, Nationalrat (SP/BE), eröffnet die Runde mit einer Grundsatzkritik: «All die Parteien liegen falsch, die mit wirtschaftlichen Vorstössen nur den Arbeitgeber meinen.» Stattdessen «müssen wir Wirtschaft integral verstehen» – also auch die Anliegen des Arbeitnehmers bedenken.
Ruedi Noser, Nationalrat (FDP/ZH), heisst die von Corrado Pardini stark gemachte Sozialpartnerschaft der Idee nach zwar gut. Doch dürfe diese nicht an den Staat delegiert werden. Stattdessen werde Sozialpartnerschaft in der Firma gelebt. «Der Arbeitgeber im Betrieb muss mit dem Angestellten einen Weg finden.»
Louis Schelbert, Nationalrat (GPS/LU), stärkt indes Corrado Pardini den Rücken: Auf jene Deregulierung zu setzen, welche sich die Liberalen wünschten, sei in der angespannten Lage auch das falsche Rezept.
Bilaterale als höchstes Gut
Als Hemmschuh für die Wirtschaft kristallisiert sich im Verlauf des Gesprächs alsbald die Abschottung der Schweiz von Europa heraus. Doch Nationalrätin Sylvia Flückiger (SVP/AG) relativiert das Problem: «Die EU hat kein Interesse daran, die bilateralen Verträge zu kündigen». Dafür sei die Schweiz als Handelspartner für die EU viel zu wichtig.
Dem widerspricht Ständerat Pirmin Bischof (CVP/SO): «Mit den Bilateralen setzen wir das grösste Gut aufs Spiel. Das ist die Rechtssicherheit». Und er betont, dass hierunter alle Unternehmen leiden würden, zumal Rechtsunsicherheit auch Planungsunsicherheit bedeute.
Fachkräftemangel
Als weiteres Problem für die Schweizer Wirtschaft steht der Mangel an Fachkräften zur Debatte.
Laut Pirmin Bischof herrsche «zuviel Freizügigkeit in den Köpfen». In dem Sinn, als zuviele Fachkräfte – etwa Ärzte – importiert würden. Ferner schätze man die Berufslehren zu wenig. Je mehr man akademisiere, desto mehr setze man das weltweit einmalige duale Bildungssystem aufs Spiel.
Einen weiteren Aspekt bringt Nationalrätin Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) ins Spiel: die Frauen. Zwar löse die Idee «Frauen an die Werkbank» nicht das ganze Problem. «Aber das Potential liegt bei den Frauen.» Und es könne mit Anstossprogrammen geschöpft werden.
Das Potential liegt bei den Frauen.
Martin Bäumle, Nationalrat (GLP/ZH), kommt sodann mittelbar auf die Bilateralen zurück. Nicht nur die Privaten seien zu kritisieren. Auch der Staat schaffe immer mehr Stellen. Und um diese weiter zu besetzen, «muss Zuwanderung möglich sein».
5,2 Kilo Papier
Es folgt ein Schlagabtausch zur Bürokratie – auch sie steht im Verdacht, die Wirtschaft zu hemmen. Sylvia Flückiger weiss etwa von einer neuen Lebensmittelverordnung zu berichten, die als Überreaktion auf den Pferdefleisch-Skandal entstanden sei und 5,2 Kilo Papier auf die Waage bringe.
Und Ruedi Noser doppelt mit der Swissness-Vorlage nach: «Angeblich für die Schweiz ist sie in Realität gegen die Schweiz.» Er meint: zu viel Bürokratie, die auch noch den alteingesessenen Schweizer Konzernen den Spielraum beschneide.
Aber Corrado Pardini streicht den Nutzen von neuen Verordnungen heraus – wie etwa einer Regulierung im Arbeitsgesetz, die den Sonntag im Grundsatz zum Ruhetag erklärt.
Der freie Sonntag könne nämlich auch ein soziales Engagement befördern und einen kulturellen Wert bewahren. Er betont: «Eine Gesellschaft, die sich nur noch an der Wirtschaft orientiert, verliert ihre Identität.»
Moderator Jonas Projer bündelte die Ideen zum Abschluss mit seiner letzten Frage. Er fordert darin den Unternehmergeist all seiner Gäste heraus. Er will nämlich wissen: «Mit wem würden Sie eine Firma gründen?»