Dem Aargau stehen im Nationalrat aufgrund seiner Bevölkerungsstärke 16 Sitze zu. Die SVP holte bei den letzten Wahlen 7 Sitze, die FDP konnte – dank einer Listenverbindung – 3 ergattern. 2 Sitze fielen der SP zu und je 1 holten CVP, GLP, Grüne und BDP. Gibt es bei den Wahlen 2019 Verschiebungen?
Die SVP in der Pole-Position: Ein Traumresultat errang die SVP 2015. Sie kam auf einen Wähleranteil von 38 Prozent. Man wolle diesen Anteil halten, eventuell leicht auf 39 Prozent steigern, sagt Thomas Burgherr, Präsident der SVP Aargau, auf Anfrage. Einen Sitz zuzulegen, das sei nicht realistisch. Wenn man die sieben Sitze halten könne, sei man zufrieden.
Ein Generationewechsel steht an: Thomas Burgherr weiss, dass die Ausgangslage für seine Partei nicht einfach ist. Bisherige Zugpferde – alles ältere Semester – treten nicht mehr an, nämlich Ulrich Giezendanner, Maximilian Reimann und Luzi Stamm. Auch Sylvia Flückiger geht nicht mehr ins Rennen. Es bleiben noch Andreas Glarner, Hansjörg Knecht und Thomas Burgherr. Damit der Wähleranteil gehalten werden kann, müssen zugkräftige Namen auf die Nationalratsliste. Und da sehe es gut aus, sagt Thomas Burgherr. «Wir könnten zwei Listen füllen», sagt der Parteipräsident. Was auffällt: Im Grossen Rat, dem Aargauer Kantonsparlament, ist die SVP mit vielen jungen und aktiven Frauen vertreten. Martina Bircher, Karin Bertschi, Nicole Müller-Boder sind nur einige der Namen. Einige davon werden sicher auf der Liste stehen, wenn die SVP Aargau im Januar 2019 die Kandidatinnen und Kandidaten offiziell nominiert.
Die FDP ist optimistisch: Nach Stimmenanteilen ist die FDP Aargau die drittstärkste Partei im Aargau (hinter SVP und SP). Gemessen an den Sitzen im Nationalrat ist sie aber die zweitstärkste Partei – die Freisinnigen holten 2015 dank einer Listenverbindung mit der CVP einen dritten Sitz. Und bei den Wahlen 2019 peile die FDP nun sogar 4 Sitze an, sagt Parteipräsident Lukas Pfisterer gegenüber SRF.
Sein Optimismus gründet sich auf Umfragen, die der FDP allgemein ein gutes Resultat voraussagen. Man sei aber auch gut aufgestellt für die Wahlen, sagt Pfisterer. Man habe mehr als 16 Bewerbungen für die Plätze auf der Hauptliste. Auch bei der FDP Aargau fällt auf: Im Grossen Rat politisieren viele junge Talente, die Ambitionen haben auf höhere Ämter in Bern. 2019 könnte für sie ein besonders gutes Sprungbrett sein. Nationalrätin Corina Eichenberger gibt ihren Sitz frei. Entweder Thierry Burkart oder Matthias Jauslin werden mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Nationalrat in den Ständerat wechseln und dort den Sitz von Philipp Müller halten. Und wenn die FDP tatsächlich einen vierten Sitz holen sollte, könnten am Schluss drei neue Leute in den Nationalrat einziehen für die FDP Aargau – eine ziemlich einmalige Konstellation.
Wahllokomotive Wermuth für die SP Aargau: Auch die SP Aargau ist optimistisch. Man wolle «mindestens» 3 Sitze holen, sagt Parteipräsidentin Gabriela Suter gegenüber SRF. Momentan hat die SP 2 Sitze. Einer ging sehr überraschend bei den Wahlen 2015 verloren. Doch seither hat die SP in den Wahlen ins Kantonsparlament und bei den Gemeindewahlen stark zugelegt. Sollte sich dieser Trend fortsetzten, was Umfragen auf nationaler Ebene voraussagen, kann die SP Aargau durchaus auf 3 oder sogar 4 Sitze hoffen. Ein Personalproblem habe man nicht, sagt die Parteipräsidentin. Man habe zu viele Bewerbungen für die 16 Plätze auf der Liste.
Wie bei der SVP und der FDP Aargau hat also auch die SP Aargau viel Politnachwuchs. Prominentestes Beispiel ist Nationalrat Cédric Wermuth (32). Ihn sieht die Partei als Wahllokomotive. Sie hat Wermuth nominiert als Kandidaten für den Ständerat im Wissen darum, dass er als prononciert linker Politiker nicht die allerbesten Wahlchancen hat im bürgerlich dominierten Aargau. Aber Wermuth sei ein «Linkspopulist», der die Themen der SP ins Volk bringen könne, so wurde am Nominationsparteitag für den Ständerat argumentiert. Und als Ständeratskandidat habe Wermuth viel Aufmerksamkeit, die dem Wahlkampf für den Nationalrat dienen werde.
Wohin geht die CVP? Die CVP Aargau hat ihren Stimmenanteil bei Nationalratswahlen in den letzten 15 Jahren halbiert. Sie hat noch 1 Sitz im Nationalrat, Ruth Humbel besetzt ihn. Ihre Wiederwahl dürfte gesichert sein. Doch die CVP Aargau will 2019 unbedingt einen zweiten Sitz holen. Um das aus eigener Kraft zu schaffen, müsste sie eigentlich 12 Prozent der Stimmen holen. Das ist aber unrealistisch. 2015 erzielte sie einen Stimmenanteil von 8,9 Prozent. Aber mit einer guten Listenverbindung sei der zweite Sitz zu schaffen, sagt Marianne Binder, die Präsidentin der Aargauer CVP. Doch nur mit Taktik allein sei es nicht getan. Wichtig sei eine gute Liste, und die habe man.
Im Gegensatz zu 2015 würden 2019 viel mehr aktive Grossrätinnen und Grossräte für den Nationalrat kandidieren. Diese würden auch mehr Stimmen bringen. Man werde eine gute Liste präsentieren im Frühling 2019, verspricht Binder. In der Grossratsfraktion der CVP und an den Parteitagen der CVP Aargau sieht man allerdings vorwiegend ältere Menschen. Im Gegensatz zu SVP, FDP und SP, wo viele Junge politisieren. Angesprochen auf diese Wahrnehmung, sagt Marianne Binder, in den Ortsparteien, zum Beispiel in Baden, gebe es durchaus junge Aktive.
Wo Gewinner, sind auch Verlierer: Angenommen, die SVP Aargau hält ihre 7 Sitze und FDP, SP und eventuell auch CVP legen zu: Auf wessen Kosten würden die Sitze dann gehen? Die Grünen Aargau besetzen 1 Sitz im Nationalrat (Irene Kälin). Diesen können sie vermutlich halten, alle Umfragen sagen den Grünen eine ansprechendes Resultat voraus. Auch die GLP muss laut Umfragen nicht um ihren Sitz im Nationalrat fürchten (Beat Flach). Kritisch könnte es aber für die BDP werden. Ihr Nationalrat Bernhard Guhl ist zwar sehr aktiv. Aber ansonsten nimmt man die BDP im Aargau kaum wahr. Mit einem Stimmenanteil von noch 2,7 Prozent bei den Grossratswahlen 2016 ist die BDP tief getaucht. Aus eigener Kraft kann sie eigentlich keinen Sitz im Nationalrat erreichen. Sie profitierte 2015 von der Listenverbindung mit der GLP und der EVP. Bei den Wahlen 2019 wackelt der Sitz der BDP nun aber gewaltig. Er könnte zur CVP gehen oder zur FDP. Eventuell auch zur EVP, die 2007 ihren Sitz im Nationalrat verloren hatte.