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Wahlen Gemeindepräsidium Eine Abwahl könnte Gemeinde viel kosten

Im Kanton Graubünden werden politische Vollämter in Gemeinden unterschiedlich bezahlt und - im Falle einer Abwahl - sind Politikerinnen und Politiker auch unterschiedlich abgesichert.

Am 23. September werden in St.Moritz und in Poschiavo der Gemeindepräsident gewählt. An beiden Orten gibt es Kampfwahlen. Der amtierende Präsident in St. Moritz, Sigi Asprion, wird vom Kunstschaffenden Christian Jenny herausgefordert. In Poschiavo erhält der jetzige Amtsinhaber Alessandro Della Vedova Konkurrenz von Grossrat Giovanni Jochum. In beiden Orten könnte also ein Bisheriger abgewählt werden. Für beide wäre es eine herbe politische Niederlage - finanziell allerdings liegen zwischen einer Abwahl in St. Moritz und einer Abwahl in Poschiavo Welten.

Goldene Absicherung in St. Moritz

Im Falle einer Abwahl käme in St.Moritz das gemeindeeigene Entschädigungs-Reglement aus dem Jahre 1992 zur Anwendung. Im konkreten Fall würde der Gemeindepräsident weiterhin 40 Prozent des heutigen Lohnes als Jahresrente erhalten. Nach eigenen Angaben verdient Sigi Asprion 230'000 Franken, was einer jährlichen Rente von 92'000 Franken entsprechen würde. Und zwar bis zur Pensionierung. In diesen rund fünf Jahren würde er also total noch rund eine halbe Million erhalten.

Nichts in Poschiavo

Die Gemeinde Poschiavo hat kein Entschädigungsreglement. Und das heisst auch: Der Abgewählte würde nichts erhalten. In dieser Gemeinde ist der Gemeindepräsident zu 50 Prozent angestellt und erhält dafür rund 80'000 Franken jährlich. Der amtierende Gemeindepräsident müsste also spätestens Ende Jahr wieder einen neuen 50% Job – mit ähnlicher Bezahlung – haben, andernfalls entstünde ein finanzielles Loch in seiner Haushaltskasse.

Unterschiedliche Entschädigungen

Ein Vergleich mit anderen Bündner Gemeinden zeigt: St. Moritz hat einen «goldenen Fallschirm» für Abgewählte. In Davos zum Beispiel würde ein abgewählter Gemeindepräsident (Landammann), nach neun Jahren im Amt, 50 Prozent seines Lohnes erhalten – aber nur ein Jahr lang.

In Chur erhielte ein abgewählter Stadtpräsident ebenfalls eine Entschädigung – allerdings: auch hier würde diese geringer ausfallen als in St. Moritz. Nach acht Jahren im Amt gäbe es für einen abgewählten Stadtrat 32 Prozent des Jahreslohnes. Dieser Lohn wurde ja kürzlich auf 200'000 Franken im Maximum beschränkt. Konkret wären es also in Chur rund 30'000 weniger als in St. Moritz.

Versicherung für Berufspolitiker

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Was in anderen Kantonen gang und gäbe ist, kennt man in Graubünden nur vereinzelt: Die Entschädigung – oder eine Art Versicherung - im Falle einer politischen Abwahl. Für «Berufspolitiker» bedeutet eine solche Versicherung im Falle einer Abwahl zumindest eine Art Übergangsrente. Nämlich solange, bis sie allenfalls in ein anderes politisches Amt gewählt werden oder in der Privatwirtschaft eine Anstellung finden.

In Graubünden sind solche «Versicherungen» eher selten. Das hat vor allem damit zu tun, dass in den Gemeinden die politische Arbeit meist nebenamtlich erledigt werden. Anders etwa in Chur, Davos, Klosters oder St.Moritz: Da gibt es Regelungen für eine eventuelle Abwahl.

Auch Poschiavo will nun – aufgrund des aktuellen Wahlkampfes um das Präsidium – ein solches Entschädigungsreglement schaffen. Spätestens in vier Jahren soll dieses in Kraft sein.

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