Ihr Vorgänger trat zurück, sein Nachfolger auf der Liste der Grünen hatte sich aus der Politik zurückgezogen: So rutschte die Berner Oberländerin Christine Häsler in den Nationalrat nach. «Man kann sagen, das ist Zufall», meint sie. Aber: «Ich schätze diese Möglichkeit und nehme sie als Aufforderung, nicht als Zufall.»
Am 8. Juni dieses Jahres wurde sie als Nationalrätin vereidigt, zwei Wochen hat die Amtsjüngste während der Sommersession auf nationaler Ebene bisher politisiert. Für sie ist alles noch neu: das Interesse an ihrer Person, die Hektik, die Komplexität.
Obwohl sie 10 Jahre lang im Berner Grossen Rat, dem Kantonsparlament, sass, hat sie Respekt vor ihrer neuen Aufgabe. Narrenfreiheit als Neuling, sofern es diese überhaupt gibt, will sie aber nicht in Anspruch nehmen. Sondern sich «konsequent und konkret mit politischen Aufgaben auseinandersetzen».
Ein Gutmensch? – «Nein»
Bisher trat Häsler vor allem mit einem Thema öffentlich in Erscheinung: mit ihrem Engagement für Verdingkinder. Kindern also, die von den Behörden ihren Eltern weggenommen und oft bei Bauernfamilien untergebracht wurden, wo sie vielfach als billige Arbeitskraft missbraucht und in vielen Fällen misshandelt wurden.
Ein Kerngeschäft Grüner Politik ist dies nicht. Häsler sagt denn auch, sie sei «keine Verfechterin davon, dass die Grünen nur Umweltpolitik» machen dürften. In Bern will sie nicht durch etwas Besonderes hervorstechen, sondern «zusammen mit anderen Lösungen finden.»
Sie will in Bern aber auch Themen einbringen, die mehr dem Steckenpferd ihrer Partei entsprechen. So setzt sie sich ein für bessere Zugverbindungen für Touristen in die Berge. Das käme nicht zuletzt auch dem Berner Oberland zugute, wo sie zuhause ist.
Ebenso liegen ihr die Belange von Flüchtlingen am Herzen. Auch ganz privat: Die dreifache Mutter adoptierte nämlich ein behindertes, indisches Kind. Macht sie das zum Gutmenschen? «Nein», sagt Häsler, «ich bin ein Mensch mit Fehlern, Stärken, Ecken und Kanten.»