Bis heute haben es Frauen schwer, in der Politik Fuss zu fassen. Im Nationalrat sind zwei von drei Räten noch immer Männer. Ähnlich sieht es in den Kantonsparlamenten aus, in zahlreichen ist der Frauenanteil sogar rückläufig.
Das sei nicht gut für die Politik, findet Roland Näf. Er war bis vor kurzem Präsident der SP des Kantons Bern. Eine angemessene Vertretung von Frauen bringe einer Partei Vorteile – mehr Wählerinnen, aber auch ein vielfältigeres Interesse und ein breiteres Wissen in der Fraktion, sagt Näf.
Im Bundeshaus lobt sich die SP zwar, die einzige Partei mit ausgewogener Vertretung zu sein. In der Realität ist das nicht immer und überall so. Im Kanton Bern etwa stürzte der Frauenanteil im Jahr 2010 auf 30 Prozent ab. Um das zu korrigieren, setzte Näf bei der folgenden Wahl auf separate Frauenlisten – und erntete Protest.
«Im Moment, wo man Gleichberechtigung schafft, gibt es natürlich Verlierer. Das sind die Männer.» Entsprechend sei auch Widerstand zu erwarten, so Näf. Dennoch hat die separate Liste der Berner SP gewirkt. Der Frauenanteil stieg auf rund 50 Prozent.
Fifty-Fifty, das ist auch das Ziel der Grünen im Bundeshaus. 2011 waren sie aber weit entfernt davon. Sie erreichten im National- und Ständerat gerade mal 35 Prozent. Bei den letzten Wahlen seien bei der Listengestaltung Fehler gemacht worden, räumt die Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, ein.
«Man hat gelernt aus den letzten Wahlen. Ich bin überzeugt davon, dass wir es diesmal schaffen werden, eine sehr gute Ausgangslage für die Frauen zu schaffen. So bleiben wir auch in Zukunft die erste Frauenpartei in der Schweiz», sagt Rytz.
Frauen muss man schon etwas mehr schubsen, etwas mehr motivieren für politische Ämter.
Je weiter rechts eine Partei steht, umso weniger Frauen sitzen für sie im Nationalrat. Bei der CVP ist noch jeder dritte Sitz von einer Frau besetzt. Bei der FDP ist es nicht einmal jeder vierte. Fördermassnahmen fasst die FDP Schweiz deswegen nicht ins Auge.
Sie verweist nur darauf, dass gemischte Listen mit Kandidierenden aller Gesellschafts- und Altersschichten sowie Geschlechter wichtig seien. Sie appelliere immer wieder an die Kantone, Frauen auf den Listen zu berücksichtigen, sagt Carmen Walker-Späh, Präsidentin der FDP-Frauen.
Nur: Frauen würden bei ihren Entscheiden viele Faktoren berücksichtigen. Darunter auch die familiäre Belastung – im Bewusstsein, dass Politik kein Honiglecken sei. Die Untervertretung habe also auch mit den Frauen selber zu tun, sagt Walker-Späh. «Frauen muss man schon etwas mehr schubsen, etwas mehr motivieren für politische Ämter.»
Überwinden Kandidatinnen alle parteiinternen Nominationshürden und schaffen es auf eine Liste, werden sie dennoch seltener gewählt als Männer. Weil sie schlechter vernetzt sind, nicht aus einem politnahen Beruf kommen, nicht in Entscheidzirkeln oder populären Gemeindegremien sitzen.
«Die Schweiz muss noch eine viel grössere Willkommenskultur den Frauen und insbesondere auch den erwerbstätigen Frauen gegenüber entwickeln», sagt Walker-Späh weiter.
Das heisst es auch aus dem UNO-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen. Dieser hat die Schweiz schon gerügt. Auch der Bundesrat hat kürzlich wieder einen Appell formuliert. Er sei bemüht, die in der Bundesverfassung garantierte rechtliche und tatsächliche Gleichstellung der Frauen zu erreichen. Die Kantone und Parteien sollen bei den anstehenden nationalen Wahlen dasselbe tun und die Wahlberechtigten auf die immer noch bestehende Untervertretung von Frauen hinweisen.